Heute wurde der „CDU-Politiker [Kai] Wegner im dritten Wahlgang gewählt“ und ist damit Regierender Bürgermeister von Berlin. Die ‚Berliner SPD-Mitglieder stimm[t]en für Koalition mit der CDU‘, doch offensichtlich sehen das nicht alle SPD-Abgeordneten so. Vielleicht waren auch nicht alle Abgeordneten der ‚CDU für SPD-Koalitionsvertrag in Berlin‘. Jedenfalls hat die schwarz-rote Koalition eigentlich eine komfortable Mehrheit von 86 Stimmen, während die absolute Mehrheit bei 80 Stimmen liegt. Doch Herr Wegner erhielt im ersten Wahlgang nur 71 Stimmen, es gab also (mindestens) 15 Abweichler in den eigenen Reihen. Im zweiten Wahlgang waren es 79, also eine zu wenig für eine erfolgreiche Wahl und sieben weniger, als CDU und SPD Abgeordnete haben. Im dritten Wahlgang waren es dann genau 86 Stimmen für Herrn Wegner, die CDU und SPD haben, doch die AfD erklärte, dass auch einige ihrer Abgeordneten für den Kandidaten der Merkel-Partei gestimmt hätten. Da die Wahlen geheim sind, kann das niemand sicher wissen außer den Abstimmenden selbst, doch völlig unplausibel ist es nicht (siehe z. B. ‚AfD stimmt nicht gegen Laschet‘).
Zuletzt vor gut drei Jahren wurde Thomas Kemmerich in Thüringen erst im dritten Wahlgang gewählt, wohl auch mit Stimmen der AfD (siehe ‚Liberaler löst sozialistischen Ministerpräsidenten in Thüringen ab‘). Danach war selbst der FDP-Vorsitzende ‚Lindner gegen liberalen Ministerpräsidenten‘ und bevorzugte einen von Die Linke. Bundeskanzlerin Merkel erklärte gar während eines Staatsbesuchs in Südafrika: „Das Ergebnis muss rückgängig gemacht werden“ (siehe ‚Merkel schmeißt Ostbeauftragten wegen Glückwunschtweet an Liberalen raus‘), was dann auch gemacht wurde. Das ‚Bundesverfassungsgericht kritisiert[e] Merkel für Äußerungen gegen Wahl eines Liberalen in Thüringen‘ völlig unverbindlich und nach ihrem eigenen Ausscheiden aus dem Amt. Jetzt wird Herr Wegner wohl einfach im Amt bleiben, hat aber das Problem, dass die Mehrheit seiner eigenen Koalition unsicher ist und auch bei nachfolgenden Abstimmen fehlen könnte. Die Politik beschäftigt sich also einmal mehr vor allem mit sich selbst und nicht mit den großen Problemen Berlins und der Berliner.