Bundesverfassungsgericht winkt Rundfunkbeitrag pro Wohnung durch

Das ‚Bundesverfassungsgericht dankt ab‘, heute einmal mehr nach so krassen Fehlentscheiden wie ‚Bundesverfassungsgericht drückt sich vor NPD-Verbot‘, ‚Bundesverfassungsgericht schützt Tarifautonomie nicht‘ oder ‚Bundesverfassungsgericht erfindet drittes Geschlecht‘. Vielleicht will uns das Bundesverfassungsgericht aber auch nur sagen, dass es sich wie Frau Merkel nicht mehr an das deutsche Recht gebunden fühlt, sondern die Macht hat, völlig willkürlich bzw. rein politisch statt juristisch und sachlogisch zu entscheiden.

In seiner heutigen Entscheidung zum Rundfunkbeitrag ignoriert das Bundesverfassungsgericht jedenfalls die grundlegende, angehenden Juristen und Ökonomen bereits im ersten Semester vermittelte Unterscheidung zwischen Beitrag bzw. Gebühr einerseits und einer Steuer andererseits. „Wirklichkeitsfremder geht es nicht“. Demnach darf der Zwangsbeitrag für den öffentlich-rechtlichen bzw. inzwischen parteipolitischen Rundfunk pro Wohnung oder Betriebsstätte und für betrieblich genutzte Autos erhoben werden, selbst wenn jemand den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gar nicht nutzen will (weil er z. B. bei der Arbeit oder dem propagandafreien Denken stört) oder kann. Auf die Zahl der in einer Wohnung lebenden Personen kommt es nicht an, was für Familien gut ist, aber auch Wohngemeinschaften etc. begünstigt. Unlogischerweise wird ein Beitrag für Zweitwohnungen jedoch verboten, weil der personenunabhängige Wohnungsbeitrag dann für dieselbe Person doch nicht zweimal erhoben werden soll, was interessante Fragen aufwirft, wenn eine Person in verschiedenen Wohnungen mit verschiedenen anderen Personen zusammenlebt.

Was lässt sich dagegen tun, dass das Bundesverfassungsgericht Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG („Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.“) in sein Gegenteil verkehrt? Denn ein zwangsfinanzierter Rundfunk ist gerade nicht frei. Dabei werden die Bürger nicht nur durch den Zwangsbeitrag in ihrer Freiheit eingeschränkt, sondern es wird auch der Wettbewerb mit wirklich freien Medien verzerrt, wobei sich ARD und ZDF nicht nur auf Hörfunk und Fernsehen beschränken, sondern zunehmend auch die privaten Zeitungen, Zeitschriften und Onlinemedien angreifen.

Wer kann das Grundgesetz, die Presse- und Entscheidungsfreiheit schützen, wenn es das Bundesverfassungsgericht nicht tut? In Wirklichkeit ist es ohnehin keine juristische, sondern eine politische Frage. Der Beitrag beruht nicht einmal auf einem Gesetz, sondern auf einem Staatsvertrag der Länder. Jedes einzelne Bundesland könnte ihn kündigen. Eine Partei, die es wirklich wollte, könnte hier ansetzen. Leider ist zu befürchten, dass jede Partei, die mächtig genug dazu ist, ihr Interesse daran verliert, da sie lieber selbst Posten besetzen und die öffentliche Meinung beeinflussen will. Zumindest ist es lustig, wenn auch nicht schön, dass demnächst die linken und grünen Merkel-Fans mit ihren Zwangsbeiträgen nicht nur ihre eigene Propaganda, sondern auch die der AfD finanzieren müssen.

20 Gedanken zu „Bundesverfassungsgericht winkt Rundfunkbeitrag pro Wohnung durch

  1. Die ÖR-Sender sollen lt. Grundgesetz die grundlegende Informationsversorgung der Bevölkerung sicherstellen. Wieso braucht man dazu ca. 100 Fenseh- und Rundfunksender?
    Wenn der nun vom Bundesverfassungsgericht verwendete Grundsatz, eine Sache müsse schon bezahlt werden, wenn auch nur die Möglichkeit bestünde, sie nutzen zu können, durchsetzt, kann dies auf viele Bereiche angewandt werden:
    Öffentllicher Nahverkehr, Schwimmbäder, Bibliotheken, Theater, Kirchen uvm.
    Autobahnmaut ließe sich von jeden einziehen: Man könnte ja die entsprechenden Strecken benutzen.
    Man könnte ja auch eine Internetseite anlegen und mit dem selben Recht von jedem Bundesbürger eine Abgabe kassieren: Er könnte sich den Internetauftritt ja anschauen.
    Vielleicht eine Idee für Ihren Blog, Herr Prof. Dilger.
    Gebühren für virtuelle potenzielle Nutzungen könnten Schule machen.
    Oh schöne neue Welt!

    • Im Grundgesetz findet sich nur der eine von mir zitierte Satz: „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.“ Daraus überhaupt die Notwendigkeit eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks und dann auch noch von hundert Programmen, umfangreichen Online-Angeboten und einem Zwangsbeitrag abzuleiten, finde ich abenteuerlich. Würde es nicht reichen, einen Sender wie Phoenix zu haben, der neben Parlamentsdebatten und Ansprachen von Bundespräsident und Bundeskanzlerin auch noch die Tagesschau überträgt? Das ließe sich leicht aus Steuermitteln finanzieren, wobei das Budget für die gebotene (und heute gar nicht eingehaltene) Staatsferne nicht einfach gekürzt werden dürfte. Mit der Argumentation des Bundesverfassungsgerichts könnte man hingegen tatsächlich willkürliche Zwangsabgaben für alles und jeden fordern.

  2. Das Urteil an und für sich ist gegeben die Vergangenheit erfreulich, so muss ich nun für meine Zweitwohnung im teuren München keine GEZ-Gebühr mehr zahlen. Ich habe den Brief zwecks Befreiung von der Gebühr bereits abgeschickt.

    Dass die GEZ-Gebühr komplett gekippt wird, war nicht zu erwarten.

    • Es gibt keine GEZ mehr. Das nennt sich jetzt ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice und ist noch schlimmer (siehe ‚Beitragsservice im Internet verwirrt‘).
      Meinen Glückwunsch, dass Sie jetzt für Ihre Zweitwohnung keinen Beitrag mehr bezahlen müssen! Dafür wird dann der Beitrag für alle übrigen Wohnungen steigen, weil die armen Staatssender auf keinen Euro verzichten können, sondern noch viele Milliarden mehr fordern und dann auch kriegen werden. Nach diesem Fehlurteil gibt es kein Halten mehr.

      • Es ist doch sowieso im Gespräch, den Beitrag an die Inflation anzupassen…

      • Eine Dynamisierung des Zwangsbeitrags würde ARD und ZDF natürlich gefallen. Aber die Inflationsrate ist momentan zu niedrig, da geht bestimmt noch mehr, z. B. eine Koppelung an die Diäten der Bundestagsabgeordneten oder die Mieten in München.

      • Dann gehen Sie doch als Beamter einfach mal mit „gutem Beispiel“ voran und stellen die Zahlungen ab sofort ein, wenn Sie die Rechtssprechung für falsch halten…

      • Gerade als Beamter muss man sich grundsätzlich an das geltende Recht halten, auch wenn es auf falschen Gesetzen und Urteilen beruht. Theoretisch könnte man noch den EuGH oder den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen, doch vermutlich urteilen die gar nicht darüber oder zumindest nicht anders. Hinzu kommt, dass ich solvent bin und dann in mein Vermögen erfolgreich zwangsvollstreckt würde (es ist eben ein Zwangsbeitrag und keine freiwillige Zahlung, bei deren Verweigerung nur die Gegenleistung eingestellt würde, was ich begrüßen würde). Schließlich zahle ich selbst gar nicht den Beitrag, sondern meine Frau, die da pragmatischer denkt und handelt.

    • Wie schön, dass Sie für Ihre Zweitwohnung im „teuren München“ nun keine GEZ-Gebühr mehr zahlen bzw. diese wohl ermäßigt werden wird.
      (Ich zahle übrigens gerne GEZ-Gebühren, denn ich nutze die Medien auch ausgiebig. Ich mag halt die hundert Programme, umfangreiche Online-Angebote etc.)

      Interessant für die Zweitwohnungsbesitzer:
      Zusätzlich brummt mir die Schweizer Erhebungsstelle für mein zweites Zuhause 225,55 CHF Billag-Empfangsgebühr auf. Billag weist mich im Erhebungszettel darauf hin, dass die Abgabe ab Januar 2019 CHF 365 pro Jahr betragen wird.
      Das Schweizer Fernsehen ist übrigens kotzlangweilig und besteht großteils aus Wiederholungen deutscher Serien.

  3. Tja, das ist das, was Sie kürzlich in einem Beitrag als „unvollkokmmene Demokratie“ bewarben. Sehr, sehr „unvollkommen“, in der Tat.

    Diese Ihre Feststellung war Ihre Antwort auf meine Ansicht, daß wir hier schon längst keine Demokratie mehr hätten: Da haben Sie mit der GEZ ein treffendes Beispiel für meine These – und es gibt jede Menge weiterer Beispiele (wie Sie natürlich wissen).

    Daß eine Krähe der anderen kein Auge aushackt und das „Urteil“ deshalb zu erwarten war, versteht sich von selbst.

    • Hier handelt es sich doch mehr um einen Mangel an Rechtsstaatlichkeit und Liberalität als an Demokratie. Wahrscheinlich sind die meisten Deutschen für diesen Unsinn, auch wenn wir nicht direkt darüber entscheiden dürfen.

  4. Gericht haben in unserem System zu viel Macht! Das habe ich hier bereits geschrieben. In einem echten Rechtsstaat einer repräsentativen Demokratie dürfen NUR die gewählten Volksvertreter (Abgeordneten) grundsätzliche Entscheidungen treffen! Noch besser wäre echte Basisdemokratie, also direkte Demokratie, wie sie früher von den Grünen und heute nur noch von der AfD gefordert wird.

    Mein Vertrauen in den Rechtsstaat Deutschland ist seit langem erschüttert. Jetzt kündige ich diesem Linksstaat meine Unterstützung. Wie die Linken früher geschrien haben: Mach kaputt was Dich kaputt macht….

      • Das schreibe ich hier nicht, denn man kann ja nicht wissen, wer hier mitliest. Diesen Linksstaat bekämpfe ich…, natürlich NICHT mit einem Gewehr!

  5. Ja, das ist leider ein trauriger Tag für den Rechtsstaat.

    Mit dem ÖR-Rundfunk hat sich ein pseudolegales, strukturell korruptes System der Selbstbedienung etabliert. Die Sender genießen praktische eine Bestandsgarantie und legen ihren Finanzbedarf selbst fest, nur unzureichend hinsichtlich der Effizienz kontrolliert von der zahnlosen KEF. Und auch diese geringe Einschränkung möchten die Sender noch abschütteln. Die etablierten Parteien stützen dieses System, weil es sie stützt und bevorzugt. Eine grundlegende Aufgabenkritik (was ist wirklich Grundversorgung?) findet nicht statt. Die Judikative schützt das System mit der Begründung, es müsse „staatsfern“ sein. Nur wenn es ans Festsetzen und Eintreiben der Beiträge geht, ist von Staatsferne nichts zu spüren, dann tritt der ÖR-Rundfunk als Teil des Staates auf.

    Man könnte Verstöße gegen das Bestimmtheitsgebot, gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit bei der Belastung und gegen das rechtsstaatliche Gebot effektiver Kontrolle rügen. Aber das alles wird vom Verfassungsgericht ignoriert.

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