Ausgleich der kalten Progression ist nicht unsozial, sondern fair

Bundesfinanzminister Christian „Lindner verspricht 48 Millionen Bürgern Entlastung“ durch ein „Inflationsausgleichsgesetz“. Konkret sollen neben dem Kindergeld der Grundfreibetrag und weitere Eckwerte des Steuertarifs angehoben werden, um die kalte Progression abzufedern, also faktische Steuererhöhungen bei sinkenden Reallöhnen durch die hohe Inflation. Die Grenze für die „Reichensteuer“ will selbst die FDP extra nicht anheben, obwohl für sie dasselbe gilt, da es nur nominal mehr „Reiche“ gibt.

Doch Linke und „Grüne bekräftigen Kritik an Lindners Steuerplänen“, weil höhere Einkommen stärker entlastet würden, was nur nominal gilt, nicht real (und schon gar nicht relativ) und einfach an der Steuerprogression selbst liegt. Genosse Fratzscher behauptet hingegen wider besseres Wissen: „die kalte Progression entsteht dann, wenn Menschen höhere Einkommen erzielen“. Nein, die normale Progression belastet höhere Realeinkommen steuerlich stärker, was politisch erwünscht ist, doch die kalte Progression meint gerade eine höhere steuerliche Belastung bei unveränderten oder sogar sinkenden Reallöhnen.

Man sollte die ‚Kalte Progression abschaffen‘ und nicht alle paar Jahre angebliche Steuersenkungen verkünden, die Grüne und Linke dann auch noch für unsozial halten, weil sie faktisch immer höhere Steuer selbst für mittlere und geringe Einkommen wollen. Doch ‚Mittlere Einkommen sollten nicht mit dem Spitzensteuersatz belastet werden‘. Bei Fortsetzung der ungebrochenen Trends werden demnächst auch Durchschnittsverdiener den Spitzensteuersatz zahlen müssen (an der Grenze für jeden zusätzlich verdienten Euro) und irgendwann selbst Bezieher des Mindestlohns.

Die ‚Abschaffung der kalten Progression [war] gerade günstig‘ bei niedriger Inflation, doch da schien sie nicht dringlich und wurde nicht umgesetzt. Bei jetzt hoher Inflation erscheint sie teurer, doch real kostet die Abschaffung den Staat nichts, während ihre Beibehaltung den Staat zum Inflationsgewinnler macht, weshalb er viel weniger gegen die Inflation tut als nötig.

28 Gedanken zu „Ausgleich der kalten Progression ist nicht unsozial, sondern fair

  1. “ Kalte Progression “ so ungerecht, so demotivierend.

    Bei jeder Lohn- oder Gehaltserhöhung, bei den Sonderzahlungen Urlaubs- Weihnachtsgeld ein Zähneknirschen, Wut kommt hoch auf den Staat, auf seine unersättliche Regierung.

    “ Leistung muss sich wiedr lohnen “ …dieser verlogene Spruch der Ex – Kanzlerin vor der Wahl 2013 klingt mir – uns – noch immer in den Ohren.

    U.a. hat Merkel / CDU-CSU damit die Wahl gewonnen. Und dann kam es ganz anders, ganz Dicke wie der Berliner sagt.

    Ampel wird es richten ? Wer es glaubt.

      • …..widerspreche Ihnen nicht, Spruch Jahrhunderte alt und wenn es auch Ex-Kanzler Kohl gesagt, o.k.

        Aber ich bin Zeitzeuge von Ex-Kanzlerin leeren Versprechungen. Am 29.08.2013 auf Wahlkampf – Tour. 5.000 begeisterte Bürger/innen – darunter meine Wenigkeit , 3. Reihe vorn – jubelten Angie, Angie. Wir waren wie besoffen, wie kleine Kinder.

        Mein Freund Dr. Tim Ostermann / CDU auf der Bühne , Steffen Kampeter ( Mindener ) – damals Staatssekretär Finanzen, inzwischen Beförderung Arbeitgeberverand – dann Elmar Brok – Urgestein EU, mein persönlicher Intimfeind , u.a. wg. idiotischen Einstellung zu Stichproben – Grenzkontrollen DK ( ….EuGH einschalten ) etc., und andere Großkopferte auf der kleinen Bühne.

        Wahlversprechen Merkel : „….mit mir wird es keine Vergemeinschaftung Schulden geben…..Grenzkontrollen …..Familien zuerst……kalte Progression muss weg ……Leistung muss sich wieder lohnen …. Sicherheit 1. Priorität ….. keine weitere Abgabe Souveränität Deutschlands an die EU. Etc.etc.

        Nichts davon gehalten, kann die verlogenen Wahlversprechen – Basis unserer damaligen Wahlentscheidung 2013 – bezeugen.

        Danach kam Frust, Wut.

      • 2013 war doch schon völlig klar, wie schädlich Frau Merkel ist. Deswegen wurde die AfD gegründet und es haben nur 130.000 Stimmen zum Einzug in den Bundestag gefehlt. Dann wäre die Geschichte besser verlaufen, nicht nur der AfD, sondern der ganzen Republik und wohl sogar Europas.

  2. Prof. Fratzscher meinte wohl (und insofern zurecht), daß kalte Progression entsteht bei nominell höheren Einkommen.

      • es sei denn, man will, daß die Bürger – auch dadurch – die Inflation spüren… bzw. man will einen Anreiz für Lohnerhöhungen mindern… (lange Debatte wäre nötig: Es könnte etwa auch ein Anreiz sein zu noch mehr Lohnerhöhungen… )

      • Der Staat verdient am Ausgleich der Inflation, selbst wenn dieser nur partiell ist. Interessanterweise können viele Beschäftigte (und ihre Gewerkschaften) trotz fehlenden Arbeitskräften keinen vollen Inflationsausgleich durchsetzen.

  3. „Wenn so oft an Gott man dächte,
    als man an die Steuer denkt,
    Wär‘ uns, glaub ich, längst zu Rechte
    Fried‘ und Ruh‘ von Gott geschenkt.“
    Friedrich von Logau (1605- 1655)

    • bitte gendergerecht zitieren 😉 – „Wenn so oft an Gott/Göttin man dächte, als man an die Steuer denkt, Wär uns, glaub ich, längst zu Rechte Fried` und Ruh` von Gott/Göttin geschenkt“

  4. Eine Entlastung der „breiten Schultern“, wie Lindner sie nennt, werden die Sozialisten erst zulassen, wenn deren Steuerbelastung die 100% deutlich übersteigt. Und auch dann nur unter Vorbehalt.
    Lindners Entwurf war für das eigene Parteivolk und ist in der Regierung nicht mehrheitsfähig. Damit ist er für die Tonne.

  5. Also- man soll den Kollegen nicht leichtfertig „besseres Wissen“ unterstellen, wie M. Fratzscher und der neu berufenen Wirtschaftswaisen Veronika Grimm. Die sind so ! Wie ich mir gelegentlich mal wieder in einer Aufzeichnung eines Streitgesprächs zu „Was wird aus Europa“ zwischen Lucke und Fratzscher auf Phönix „Unter den Linden vom 27.6.16“ bestätigen lasse. Produkte der Inzucht bei Berufungen, wo eine seltsame Lehrmeinung die nächste gebiert. Frau Grimm ist der Ansicht, „Eine Reform, bei der nominal die Besserverdienenden mehr gewinnen, kommt einfach zum falschen Zeitpunkt“ (zitiert nach Welt Online unter Berufung auf Rheinische Post vom 11.8.22). Was in der Diskussion um „Arm und Reich“ häufig übersehen wird: Der Unternehmer als natürliche Person zahlt Neuinvestitionen, soweit sie Abnutzung (AFA) übersteigen, und Aufwendungen für Markt- Durchsetzung aus Einkünften, die der normalen und der kalten Progression unterlegen haben. Brauchen wir nicht, Frau Grimm, in einer Zeit, in der die deutsche Wirtschaft vor nie dagewesenen Umbrüchen steht.

      • Es besteht seit langem die Tendenz, es nicht bei der früheren Lasten-Umverteilung in der Steuerpolitik und Sozialversicherung bewenden zu lassen, sondern diese ungeachtet der Bürokratie-Kosten aus ideologischen Gründen auf weitere Lebensbereiche auszudehnen und unüberschaubarer zu machen (Grundrente, KITA-Beitrag in den Gemeinden z.B.) Merz fällt Lindner völlig unnötig in den Rücken, anstatt am eigenen Profil zu arbeiten und eine schwarz-gelbe Koalition vorzubereiten. Unnötig z.B. in Sachen Energiegeld, dessen soziale Filter- Wirkung in der steuerlichen Anrechnung besteht. Soweit danach noch Begünstigungen für „Reiche“ verbleiben, kann man dies mit ersparten Bürokratie-Kosten aufrechnen. Das Neun-Euro-Ticket kann man neben dem sozialen Effekt auch unter Test- Kriterien sehen. Denn es ist über alle politischen Richtungen anerkannt, dass der Tarif- Dschungel vor allem im ÖPNV ein Hemmnis für die Gelegenheits-Nutzer darstellt, und somit einer Lösung bedarf. Merz scheint insofern an die Merkel-Zeiten zu erinnern, als sein öffentlicher Auftritt seitens der Partei unkontrolliert wirkt – wieder ein Solo-Darsteller.

      • Wenn Herr Merz mit seinen Alleingängen die CDU wenigstens in die richtige Richtung führen würde, doch wie Frau Merkel biedert er sich bei Grünen und Linken an, so dass im direkten Vergleich selbst die SPD vernünftiger erscheint.

  6. Endlich hat die FDP auch mal wieder an ihren Markenkern gedacht, sich quasi wieder entdeckt. Bisher hat sie in der Regierung eher den linken Karren mitgezogen, was ihr nicht gut zu Gesicht stand. Die geliebten Umfragewerte signalisierten, dass das kein guter Plan für die FDP war. Nun ist also endlich einmal eine liberale Steuerpolitik der FDP zu erkennen. Hoffentlich zerfasert diese Idee nicht in folgenden Auseinandersetzung und parlamentarischen Debatte.
    In der Summe entlastet der Entwurf nämlich nicht nur die sogenannten Gutverdiener, sondern dringend notwendig vor allem Gering- und Normalverdiener, denn die müssen sich um ihre Kosten Sorgen machen. Für alle anderen, also die große Mehrzahl der Bürger im Land, zahlt das „Amt“ sowieso alle anfallenden Kosten. Das Gerede von den armen und bedürftigen Sozialhilfeemfpängern ist entweder Unkenntnis oder billiger Populismus derer, die ihre Vorteile in der üblichen Sozialneid Debatte für sich suchen.

    • Der Ausgleich der kalten Progression ist noch nicht einmal besonders liberal, sondern sollte eigentlich für jeden selbstverständlich sein, der die progressive Einkommensteuer versteht und wünscht. Linke und Grüne verstehen sie aber wohl selbst nicht mehr und wollen jeden bestrafen, der noch arbeitet.

  7. Es gibt zwei Gründe, warum der Staat nichts gegen die Inflation tut:

    1. Größter Preistreiber sind die Energiekosten
    Die Verknappung der Energie ist grünes Kernprogramm. Man muß den Wählern aber verkaufen, daß steigende Preise nichts mit Angebotsverknappung durch Kraftwerkabschaltungen zu tun haben. Da kommt so ein netter Krieg gerade recht. Den Rest erledigen die Gesinnungsmedien.

    2. Der nächste Preistreiber sind die Lebensmittelpreise
    Das Herunterfahren der landwirtschaftlichen Produktion steht ebenfalls ganz oben auf der grünen Agenda. Da man auch diese Preise ganz gut Putin in die Schuhe schieben kann, ergibt sich ebenfalls kein Grund, den Bauern weniger Fesseln anzulegen.

    Die Inflation führt uns dem grünen Ideal von fahrradfahrenden Körnerfressern immer näher.

  8. …die „Kalte Progression“ wurde doch unter CSU-Finanzminster Waigl eingeführt, oder habe ich das falsch in Erinnerung? Für die größte Scheiße in Deutschland war immer die CDU/CSU verantwortlich…!

    • Die progressive Einkommensteuer, also steigendende (Grenz-)Steuersätze mit steigendem Einkommen, ist älter als die Bundesrepublik Deutschland und die kalte Progression ist dann einfach eine Folge von Inflation und nominalen Lohnerhöhungen. Unter Theo Waigel wurde 1990 die lineare Progression eingeführt und der „Mittelstandsbauch“ abgeschafft, den ich für ein Scheinproblem halte. Die Grenzsteuersätze steigen seitdem linear, wobei zwischenzeitlich wieder Knicke, also verschiedene Steigerungsraten eingeführt wurden.

      • Wie kann es dann sein, dass es Leute gibt, denen nach einer Lohnerhöhung netto weniger übrig bleibt…?

      • Real verdient man weniger, wenn die nominale Lohnerhöhung unter der Inflationsrate liegt, was für die meisten Bundesbürger gilt. Durch die kalte Progression hat man sogar dann netto weniger, wenn die nominale Lohnerhöhung der Inflationsrate entspricht, was Linke, Grüne und sogar Herr Merz so wollen.

  9. Parolen wie die, dass Steuerentlastungen unsozial seien, weil „die Reichen“ davon mehr hätten als „die Armen“ verfangen ja nur, weil der progressive Steuertarif einen erheblichen Teil der Bevölkerung intellektuell überfordert. Das ist m.E. das überzeugendste Argument für eine Rückkehr zu einem linearen Tarif (mit Grundfreibetrag).

    • Eine „Flat Tax“ halten Linke und Grüne erst recht für unsozial, wobei ihre Politik genau darauf hinauslaufen wird, dass irgendwann alle Einkommensteuerzahler den Spitzensteuersatz zahlen müssen (während alle anderen von ihnen alimentiert).

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