Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl

Seit heute ist der Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl in Betrieb. Sie können dort zu 38 Thesen Zustimmung, Ablehnung, Neutralität oder gar keine Meinung bekunden, was dann mit den Stellungnahmen von bis zu 28 Parteien (gleichzeitig bis zu 8) verglichen wird. Ich selbst habe den meisten Thesen nicht zugestimmt und ohne Gewichtung (man kann Thesen auch doppelt gewichten) folgende Übereinstimmung mit den Parteien erzielt:

AfD 81,6 %

PDV 77,6 %

REP 77,6 %

FDP 75 %

Bayernpartei 71,1 %

PBC 68,4 %

Freie Wähler 64,5 %

CDU/CSU 63,2 %

pro Deutschland 61,8 %

BüSo 60,5 %

Partei der Nichtwähler 60,5 %

Bündnis 21/RRP 57,9 %

ÖDP 56,6 %

RENTNER 55,3 %

NPD 53,9 %

Volksabstimmung 53,9 %

FAMILIE 48,7 %

Tierschutzpartei 48,7 %

Piraten 47,4 %

SPD 46,1 %

Die PARTEI 44,7 %

Die Violetten 44,7 %

Grüne 43,4 %

BIG 42,1 %

PSG 42,1 %

MLPD 42,1 %

Die Linke 36,8 %

DIE FRAUEN 34,2 %

Wenig überraschend ist wohl, dass die Alternative für Deutschland bei mir ganz vorne liegt. In allen wichtigen Positionen gibt es Übereinstimmung, nur in folgenden Fällen habe ich gegensätzlich votiert:

Getrennter Schulunterricht (es sollten nicht alle Kinder stets gemeinsam unterrichtet werden, wobei der kulturelle Hintergrund allerdings nicht das geeignete Differenzierungskriterium ist), staatliche Unterstützung von Studierenden (im Gegensatz zur AfD-Antwort bin ich dafür, über die Förderung Erwachsener, gegebenenfalls durch Kredite, unabhängig vom Einkommen der Eltern zu befinden), Migranten im Staatsdienst (diese sollten weder benachteiligt noch bevorzugt werden), Kirchensteuer (Kirche und Staat sind zu trennen) und Adoptionsrecht für Schwule und Lesben (das hängt immer vom Einzelfall ab und sollte nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden).

Außerdem bin ich in folgenden Fragen neutral statt entschieden (dafür oder dagegen) wie die Partei: Betreuungsgeld, Lohnersatz bei Pflegezeit, EEG-Umlage, doppelte Staatsbürgerschaft.

Schließlich bin ich gegen eine Pkw-Maut, wo unser Parteivertreter neutral geantwortet hat.

Wie sind Ihre Positionen und Parteipräferenzen laut Wahl-O-Mat? Dabei ist zu bedenken, dass die Themen natürlich verschieden wichtig sind. Selbst wenn ich mit der Alternative für Deutschland nur in der Euro-Frage übereinstimmen würde, würde ich sie wählen und mich für sie engagieren.

24 Gedanken zu „Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl

  1. Zunächst einmal halte ich grundsätzlich wenig vom Wahl-O-Mat, weil dieser durch kurze Fragen Wähler auf Parteien, die Geschenke verteilen ohne sich um die Umsetzung produktive Gedanken zu machen, lenkt. Das wird Organisationen wie der Linken einen Schub bescheren. Man merkt auch dass man gerade bei kleineren Parteien mit vielen offenen Programmpunkten bzw. einem etwas beliebigen Programm eine unangemessen positive Bewertung bekommt. Zuletzt kritisiere ich, dass man nicht nach Bundesland aussuchen kann. Tritt die Bayernpartei in NRW an? Ich glaube nicht.

    Was mein Ergebnis betrifft so habe ich nur acht Parteien getestet, da ich ohnehin die AfD wählen will und nur sehen wollte, ob das „Ergebnis stimmt“. Dieses war dann ähnlich wie bei Ihnen, wobei bei mir die AfD etwa 70% bekam (lag wohl an der Gewichtung einzelner Punkte), gefolgt von der FDP mit etwa 60%, dann der Union und den Freien Wählern.

    Was die einzelnen Punkte betrifft so zeigt sich daran wieder die schon an Irreführung grenzende Schwäche des Systems. Ich bin nicht grundsätzlich gegen eine PKW-Maut, ich bin nur dagegen wenn ich dann einen Peilsender ins Auto bekomme und ich unangemessen belastet werde, wenn ich hier Verwandte besuchen fahre bzw. aus Berufsgründen oft pendeln muss. Darauf wird eine PKW-Maut m.E. hinauslaufen, weswegen ich sie ablehne. Was die doppelte Staatsbürgerschaft angeht, so ist das nichts anderes als die Institutionalisierung von Parallelgesellschaften und somit das Gegenteil von Integration. (Es geht hier um Staatsbürgerschaft, nicht um Aufenthalt in Deutschland.) Ich lehne das daher ab. Mir geht es da aber wirklich wie Ihnen: Ich würde die AfD nur wegen des – existenziellen – Euro-Themas wählen.

    Sehr ärgerlich und uns abträglich ist das Fehlen von Fragen wie „Sind Sie für ein Ende der Euro/Griechenland-Rettungszahlungen?“ oder „Sind die für eine Steuerung der Zuwanderung nach Qualifikation?“ (Oder habe ich etwas über sehen?) Gerade beim Euro ist es so, dass viele Leute den Euro behalten wollen aber irgendwie nicht kapieren, dass man dafür auch bis in alle Ewigkeit (bzw. dem Zusammenbruch) zahlen muss. (Die Währung benötigt einen „permanenten Rettungsschirm“.) Viele Leute lehnen den Euro nämlich nicht grundsätzlich ab, nur die dadurch bedingte Geldvernichtung. Dass beides mittlerweile untrennbar zusammengehört geht vielen nicht auf, was uns schadet.

    Der Wahl-O-Mat wird der AfD eher schaden als nützen, fürchte ich. Zumal die AfD aus einem Wirrwarr anderer Parteien herausgepickt werden muss. Viele werden einfach die Bundestagsparteien und eventuell die Piraten prüfen. Dies ist eine Befürchtung, keine fachmännische Prognose.

    • Die meisten Wähler, auf jeden Fall der Alternative für Deutschland, halten den Staat nicht für den Weihnachtsmann, der nur Geschenke bringt und dafür keine Rechnung präsentiert. Doch selbst wer für Umverteilung ist, kann hoffentlich erkennen, dass die Euroretterei eine Umverteilung von unten nach oben darstellt. Es retten nicht die reichen Deutschen die armen Griechen, sondern arme Slowenen und deutsche Normalverdiener zahlen Steuergelder für Großbanken, damit griechische Milliardäre keine Steuern zahlen und russische sowie amerikanische Milliardäre keine Abschreibungen vornehmen müssen. Den ärmeren Deutschen werden dafür auch noch die Sozialleistungen gekürzt werden, weil höhere Steuern allein nicht reichen.

      In NRW wurden nur 22 Landeslisten zugelassen (siehe ‚Bericht vom Landeswahlausschuss‘), in allen anderen Ländern übrigens noch weniger, aber z. T. andere Parteien wie die Bayernpartei. Bis auf die CSU hat keine Chance, wer nicht in allen Ländern antritt (vielleicht sollte ich darauf bei Gelegenheit noch einmal detaillierter eingehen).

      Natürlich muss man eigentlich jede der Thesen diskutieren (bei der doppelten Staatsbürgerschaft kommt es z. B. auf die Alternativen an: nur die deutsche Staatsbürgerschaft wäre für hier geborene und dauerhaft lebende Menschen natürlich besser, doch nur eine ausländische oder gar keine Staatsbürgerschaft halte ich dann für noch schlechter) und auch noch ganz andere Themen behandeln. Trotzdem ist es ein guter Einstieg und zeigt eine Tendenz.

  2. Links der CDU sehe ich keinen Platz für die AfD. Daher iritieren mich Ihre Aussagen zur doppelten Staatsangehörigkeit. Denn wir brauchen jetzt dringend eine konservative Partei, die sich für eine Entschleunigung der gegenwärtigen Entwicklung einsetzt.

    • In vielen Fällen gibt es bereits jetzt die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft. Dass ich bei dieser Frage „neutral“ bin, ist also durchaus ‚entschleunigend‘ und nicht links von der CDU.

      • Daß der deutsche Staat insoweit während der letzten Jahrzehnte zunehmend nachlässig agiert hat, ist sicherlich keine Rechtfertigung dafür, diese verfehlte Praxis noch auszuweiten; eher das Gegenteil. Ich wäre Ihnen dankbar für eine klare Aussage hinsichtlich Ihres hypothetischen Abstimmungsverhaltens. Die Frage ist nicht wirklich eine, zu der man „neutral“ stehen könnte. „Neutralität“ ist auch leider nur zu oft ein verschämter Zwischenschritt zur Zustimmung. Und die Befürwortung einer generellen Hinnahme von Mehrfachstaatsangehörigkeiten ist, pardon, Autobahn (i.e., ein absoluter Ausschlußgrund).

      • Es gibt zahlreiche Gründe für eine doppelte bzw. mehrfache Staatsbürgerschaft, siehe z. B. Wikipedia. Daraus folgt nicht, dass jeder nach Lust und Laune die deutsche Staatsbürgerschaft zusätzlich (oder auch alleine) erwerben können soll, aber eben doch, dass Ihre absolute Ablehnung jeglicher doppelten Staatsbürgerschaft von mir nicht geteilt wird.

  3. Hier die AfD im Vergleich mit anderen Parteien tabellarisch dargestellt:
    http://eurokritiker.com/wahl-o-mat-bundestagswahl-2013/

    Wo ich nicht mit der AfD übereinstimme?

    – Ich bin für Betreuungsgeld
    – Ich bin für eine staatliche Strompreisregulierung, solange wir es auf dem Stommarkt mit einem Oligopol zu tun haben
    – Ich bin für eine Ausweitung der öffentlichen Video-Überwachung, da es derzeit so etwas nur an zwei Standorten in NRW gibt (Altstadt Düsseldorf, Altstadt Mönchengladbach). Aber es gibt eine Reihe von Brennpunkten in NRW, wo man als Passant nicht mehr sicher ist!
    – Ich bin für elternunabhängiges Bafög
    – Ich bin für Grenzkontrollen, solange die EU-Außengrenzen nicht sicher sind und solange man das tschechische Crystal-Problem und das polnische und rumänische Kriminalitäts-Problem nicht anders in den Griff bekommen kann
    – Ich bin gegen eine Migrantenquote im öffentlichen Dienst
    – Ich bin gegen Ehegattensplitting und für Familiensplitting und dachte, dies sei die offizielle Position der AfD
    – Ich bin für Kirchensteuer-Einzug, weil Kirchenmitgliedschaft freiwillig ist und ich dafür bin, dass die Kirchen sich in Deutschland mit Krankenhäusern, Kindergärten, Schulen, Altersheimen usw. nützlich machen. Ich bin dagegen, dass dies alleine vom Staat organisiert wird wie in der DDR.
    – Ich bin für Datenspeicherung solange das Problem des militanten Islam nicht international gelöst ist
    – Ich bin gegen eine PKW-Maut für deutsche Bürger, da der Staat im Zusammenhang mit PKWs bereits Milliarden Steuern von uns einzieht

    Ich wähle trotzdem AfD 😉

    • Ich bin für die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung in der eine Videoüberwachung überflüssig wird ! Dieses würde ich mit allen Mitteln verfolgen. Der dumme Spruch : “ Gewalt zeugt Gewalt . “ bei der der Gewalttätigkeit nachgegeben wird und deutsche Polizisten sich nicht mehr in Stadtteile trauen … Ja Hallo ! Das könnte ich mit einer einzigen kostenlosen Beratung ändern . Denn Angst verleiht bekanntlich Flügel ( Asterix und die Goten )

  4. Bei mir ist es ähnlich – 100% Übereinstimmung wird es wohl nie mit einer Partei geben! Ich stimme dafür zwei wesentlichen Punkte mit Herrn Dilger überein:
    – pro Trennung Kirche und Staat (Religion ist Privatsache)
    – für Adoptionsrecht homosexueller Paare (ich glaube nicht, daß dies den Kinder schadet)

    Ich bin für eine PKW Maut, wenn Deutsche dafür komplett über die KFZ-Steuer entlastet werden. Transitreisende sollen unsere Straßen ruhig über eine Vignette mitfinanzieren – tun wir im Ausland ja auch. (Gerne auch tageweise zu kaufen – wie in Österreich auch, damit es Urlaubergerecht bleibt).

    Die Frage bezüglich der Schule ist unmöglich, was soll das? Hat irgendeine Partei etwa gefordert, Kinder nach KULTURELLEM HINTERGRUND zu trennen?! Es sollte nach Förderbedarf und Fähigkeiten getrennt werden, um möglichst alle bedarfsgerecht unterrichten zu können. Somit ist diese Frage überhaupt nicht beantwortbar.
    Das wird also jeder vernünftige Mensch ablehnen, woraus die Studenten, die diesen Wahl-O-Mat dann sicher schließen werden, daß wir alle eine Gesamtschule wollen.

    Auch die Frage nach den Migranten im Staatsdienst ist schlecht gestellt. Wie Herr Dilger schon sagt – es geht bei der Auswahl nicht primär um den kulturellen Hintergrund, sondern einzig und allein um die Fähigkeiten des Bewerbers. Wenn der „Migrant“ gut ist, sollen sie ihn nehmen, wenn nicht, dann eben einen anderen.

    Insofern bin ich vom Wahl-O-Mat diesmal recht enttäuscht.

  5. DIE FRAUEN 34,2 % Übereinstimmung

    Da haben Sie aber Glück, dass es noch so wenig Emanzen in der Partei gibt 😉

  6. Da finde ich die 77,6 % Übereinstimmung mit den Republikanern durchaus bedenklicher 🙂
    Was mache ich denn gleich , wenn ich zu 100% mit den Linken oder gar der MLPD übereinstimme ? Darf ich dann nicht mehr mitmachen in unserer Partei ? Ich war ja eigentlich recht früh drin ….
    Was mich hier viel stärker interessiert ist die Namenlosigkeit bzw. die Fantasie der Schreibenden bei Ihrem Pseudonym. Gibt der eigene Name nichts her oder habt Ihr Angst vor Kratzern an Euren Karossen ?

    Wolfgang Demolsky

  7. AfD77,3 %

    Alternative für Deutschland

    SPD58 %
    CDU / CSU55,7 %
    MLPD54,5 % War nur ein Spaß ! Aber die Anderen habe ich leider schon mal gewählt ,
    FDP53,4 % die leider auch !

    Als wenn ich es geahnt hätte ! Aber selbst wenn ich nun 80% CDU oben gehabt hätte … Mit diesen “ Lenkern “ ist ( A ) alles Nichts , auch wenn es noch etwas dauert. Und Deutschland gibt es mit diesen Verbündeten für eine friedliche Welt dann nicht mehr . Ich war in meinem ganzen Leben für Ordnung ! Für gewachsene , nicht künstlich geschaffene Ordnung . Frieden gab es dann eigentlich zwangsläufig 😉

  8. Die Frage bzgl. doppelter Staatsbürgerschaften ist doch, sehr geehrter Herr Dilger, ob Sie für oder gegen die Beibehaltung der Optionspflicht sind? CDU/CSU sind dafür, ich auch, Rot-Grün ist bekanntlich dagegen. Die AfD hat sich m.W. bislang gänzlich um die Beantwortung dieser Frage gedrückt, was ihre Haltung/Position betrifft. Mitglieder des Bundes-Sprecher-Vorstandes sind mir auf meine diesbezügliche Frage bereits beim Gründungsparteitag in Berlin ausgewichen. Ich selber werde die AfD wählen, aber ich bedauere zutiefst das Herumlavieren der AfD in dieser alles andere als unwichtigen Frage. Beim Thema Euro ist die AfD sehr mutig, beim Thema Optionspflicht bzgl. doppelter Staatsangehörigkeit hat sie nicht einmal den Mut oder Durchblick eines Volker Kauder oder Wolfgang Bosbach. Also hier nochmal klipp und klar die Frage: Sind Sie für oder gegen die Beibehaltung der Optionspflicht, ja oder nein?

    • Nach der „Optionspflicht“ wird beim Wahl-O-Mat nicht gefragt und sie ist auch nur ein Aspekt bei der doppelten Staatsbürgerschaft. Die Alternative für Deutschland hat längst nicht zu allen Themen eine festgelegte Position, was ich auch in Ordnung finde. Die Partei ist neu und will bei ganz besonders wichtigen Themen etwas erreichen, worin (fast) alle Mitglieder und Unterstützer übereinstimmen. Zusätzliche Themen führen eher zu Streit oder zumindest inhaltlichen Differenzen.

      Was nun Ihre klare Frage an mich persönlich angeht, so bin ich auch dabei neutral, da die Optionspflicht am eigentlichen Problem vorbeigeht: Es gibt Millionen Ausländer in Deutschland, die hier geboren wurden, z. T. sogar deren Eltern, ohne eine deutsche Staatsbürgerschaft zu haben. Was passiert, wenn jemand gegen die deutsche Staatsbürgerschaft optiert und z. B. lieber die türkische behält? Das halte ich für schlechter als eine doppelte Staatsbürgerschaft, während die Wahl der deutschen Staatsbürgerschaft ohne zusätzlichen Pass für dauerhaft hier lebende Menschen wohl am besten wäre. Doch manchmal ist das Beste nicht erreichbar und das Zweitbeste besser als eine schlechte Lösung. Folglich sollte die doppelte Staatsbürgerschaft nicht die Standardlösung für jeden sein, aber auch nicht kategorisch ausgeschlossen werden.

      • Wenn ich die Stimmung an der Parteibasis richtig deute, dürfte Ihre Position allerdings nicht mehrheitsfähig sein.

      • Wie schon festgestellt, gibt es dazu bislang keinen Parteibeschluss, während Herr Leh mich nach meiner persönlichen Meinung gefragt hatte. Nach unserem Parteiprogramm wäre es bei solch einem Thema wohl ohnehin am besten, mittels Volksentscheid alle Bürger zu befragen.

      • Sehr geehrter Herr Prof. Dilger, danke für Ihre Antwort. Für mich geht aus ihr jedoch hervor, dass Sie bezüglich der Beibehaltung der Optionspflicht nicht wirklich „neutral“ sind, wie Sie schreiben, sondern im Bundestag voraussichtlich mit den Linken (Rot, Grün, Linkspartei) für deren Abschaffung stimmen würden. Jedenfalls sprechen Sie sich nicht für die Beibehaltung der Optionspflicht aus, was notwendig wäre. Ich kann das nur mit größtem Bedauern und tiefer Enttäuschung zur Kenntnis nehmen. Sie sind anscheinend auch nicht mit der Rechtslage vertraut. Die Optionspflichtigen haben die deutsche Staatsangehörigkeit schon mit ihrer Geburt in Deutschland.

        Die Rechtslage ist – kurz gefasst – wie folgt: Eine Optionspflicht bezüglich der Staatsangehörigkeit gilt für nach dem 1. Januar 2000 in Deutschland geborene Kinder mit zwei ausländischen Elternteilen. Sie haben die deutsche Staatsangehörigkeit nach dem Geburtsortprinzip erhalten
        und besitzen daneben meistens noch nach dem Abstammungsprinzip
        die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern. Diese in Deutschland geborenen Kinder müssen sich nach dem 18. Geburtstag, spätestens bis zu ihrem 23. Geburtstag
        entscheiden, ob sie die deutsche oder eine andere Staatsangehörigkeit
        behalten wollen. Nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz
        erwirbt ein Kind ausländischer Eltern durch Geburt im Inland
        die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt.

        Es ist insgesamt heute sehr einfach, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten, wenn man es denn will. Wenn jemand die türkische Staatsbürgerschaft behalten will, so ist dies sein gutes Recht und ist für mich kein Grund, ihm noch die deutsche Staatsbürgerschaft nachzuwerfen.

        Ich stimme dem bayerischen Innenminister Joachim Hermann zu, der die sonst massive Ausweitung (!) doppelter Staatsangehörigkeiten entschieden ablehnt und erklärt hat, die große Mehrheit der Betroffenen würde sich ohnehin für
        die deutsche Staatsangehörigkeit entscheiden. Bei den ersten Optionspflichtigen vom Geburtsjahrgang ab 1990 seien es rund 90 Prozent gewesen. Eine zusätzliche ausländische Staatsangehörigkeit widerspreche der Integration und begünstige Parallelgesellschaften.

        Auf einer Expertenanhörung zur Optionsregelung im Innenausschuss des Bundestages im März verwies Professor Kay Hailbronner (Uni Konstanz) ausdrücklich auch auf Interventionen der „derzeitigen türkischen Regierung“ in die deutsche Innenpolitik. Dazu gehörte die, so Hailbronner, „Behauptung der ,Völkerrechtswidrigkeit‘ einer auf ,Assimilierung‘ ausgerichteten Integrationspolitik in Deutschland“. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte 2008 in einer Rede in Köln eine Assimilierung seiner Landsleute in Deutschland als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ bezeichnet. Wie Hailbronner erklärte, habe die türkische Regierung deutlich gemacht, dass sie eine fortbestehende türkische Staatsangehörigkeit von in Deutschland lebenden türkischstämmigen Migranten nicht als „bloßes Zeichen kultureller Verbundenheit“ mit der türkischen Heimat der Eltern ansehen werde, sondern als „rechtliche und politische Inpflichtnahme“, die eine „primäre Loyalitätspflicht zu Gunsten des türkischen Staates und seiner Interessen wie auch ein Mitspracherecht bei der Gestaltung der Situation der in Deutschland lebenden Doppelstaater“ umfasse. Eine solche Inanspruchnahme der hier lebenden türkischen Bevölkerung liege nicht im Interesse der Bundesrepublik Deutschland.

        Mit Ihrer Auffassung, sehr geehrter Herr Dilger, wären Sie für mich in NRW als Person leider nicht wählbar. Ich bedauere das umso mehr, als ich die Positionen der AfD in der Euro-Frage teile.

        Michael Leh, Berlin

      • Der Alternative für Deutschland geht es wie mir vor allem um die Europroblematik. Dass Sie und andere nun meinen, uns die Stimme verweigern zu müssen, wenn wir bei ganz anderen Themen nicht genau (denn so groß ist die inhaltliche Differenz gar nicht) Ihre Auffassung vertreten, ist bedauerlich, zumal es im Bundestag auf meine persönliche Meinung zu diesen anderen Themen überhaupt nicht ankommen wird. Am wahrscheinlichsten ist eine Große Koalition, die ganz ohne Stimmen der AfD irgendetwas entscheiden wird. Dabei sollten Sie sich nicht auf die Wahlversprechen der CDU verlassen, die diese in vielen wichtigen Fragen in den letzten Jahren gebrochen hat, was auch immer man im Einzelnen davon halten mag (z. B. hinsichtlich Atomenergie, Mindestlohn, Wehrpflicht und vor allem auch den Maastricht-Kriterien). Auch bei einer schwarz-gelben oder rot-rot-grünen Regierungsmehrheit käme es auf die AfD nicht an, wobei diese wohl nur ohne uns im Bundestag möglich wären. Damit bleibt noch der Fall, dass die AfD eine Regierung entweder toleriert oder ihr sogar angehört. Dann werden wir alle politische Kraft darauf verwenden müssen, unsere Hauptforderungen hinsichtlich Euro und Volksentscheiden durchzusetzen. Zumindest ich würde mich dann an den Koalitionsvertrag halten und bei den übrigen Themen so stimmen, wie die Koalitionspartner es möchten. Wer in allen Punkten auf Maximalforderungen beharrt und zu keinerlei Kompromissen bereit ist, wird in der Politik nichts erreichen, während umgekehrt das Fehlen jeglicher Grundüberzeugung wie bei Frau Merkel natürlich auch nicht wünschenswert ist.

      • Sehr geehrter Herr Prof. Dilger,
        ich habe mich entschlossen, wegen der Euro-Frage die AfD zu wählen, insbesondere auch wegen der Spitzenkandidaten Joachim Starbatty und Beatrix von Storch in Berlin. Gleichzeitig mache ich aber sehr deutlich, dass ein Wischiwaschi der AfD und Ausweichen bei ebenfalls sehr wichtigen Fragen – wie der einer massiven Ausweitung doppelter Staatsbürgerschaften – de facto vor allem zugunsten der Türken – für mich nicht hinnehmbar ist. Angesichts Ihrer, vorsichtig gesagt, unklaren Haltung in dieser Frage hatte ich in meiner Mail bewusst geschrieben, dass Sie für mich „als Person“ in NRW nicht wählbar wären. Noch hoffe ich allerdings auf eine Lernfähigkeit auch derjenigen AfD-ler, die es angeht.

        Es reicht nicht, dass die AfD nur beim Euro „klare Kante“ zeigt, sondern das ist auch in wichtigen innenpolitischen Fragen nötig. Solange das nicht erfolgt, kann ich leider auch nicht der AfD als Mitglied beitreten, was ich sonst an sich gerne täte. Ich bin aber nicht nach 30 Jahren aus der CSU ausgetreten, um vom Regen in die Traufe zu kommen. Die AfD wird mittel- und langfristig nach meiner Überzeugung auch nicht überleben, wenn sie nicht neben der Euro-Thematik auch in anderen Fragen ein klares Profil zeigt. Eine AfD, die in Fragen der Zuwanderung und der Kriminalitätsbekämpfung – auch darum geht es letztlich bei der Frage, ob doppelte Staatsbürgerschaften massiv ausgeweitet werden sollten – noch „linkere“ und laschere Positionen als die CDU vertritt, braucht kein Mensch.

        Michael Leh, Berlin

  9. Darüber wird man nach der Bundestagswahl auf jeden Fall diskutieren müssen. Im Augenblick sollten wir allerdings versuchen, gemeinsam für den Einzug ins Parlament zu kämpfen. Inhaltliche Auseinandersetzungen schaden da nur.

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