Lehman-Pleite vor zehn Jahren

Es war genau „Vor zehn Jahren: US-Bank Lehman Brothers brach zusammen“. Das war weder der Beginn der Finanzkrise noch ihre eigentliche Ursache, aber doch das signifikanteste Ereignis und ein teurer Fehler. Zuvor hatte die US-Regierung unter Präsident George W. Bush bereits mehrere Banken gerettet. Nun wollten der Präsident und sein Finanzminister Henry Paulson, der zuvor Goldman Sachs geleitet hatte, ein Exempel an einer mittelgroßen Investmentbank statuieren. Andere Banken und private Investoren sollten helfen statt des Staates. Diese forderten dafür staatliche Garantien, die verweigert wurden. So kam es zur ungeordneten Pleite.

Diese Pleite richtete jedoch viel größere Schäden an, als eine Rettung der Bank gekostet hätte. Denn es waren nicht nur die Gläubiger von Lehman Brothers betroffen, sondern plötzlich erschien jede Bank riskant und trocknete der Interbankenmarkt aus. Die Banken vertrauten einander nicht mehr und mussten mit Krediten direkt von den Zentralbanken versorgt werden, die damit ihrerseits Risiken übernahmen. Außerdem wurden danach doch wieder Banken und Versicherungen wie AIG mit Steuergeldern gerettet. Es wurde also gerade nicht demonstriert, dass der Staat sich heraushält und die Marktteilnehmer selbst vorsichtiger agieren müssen.

Was bis heute fehlt, ist ein „Insolvenzverfahren light“ für Banken, mit dem sich eine ungeordnete Pleite sowie die Mithaftung von Kleinsparern und die Ansteckung anderer Banken verhindern ließen, ohne Aktionäre und die unverdienten Boni schlechter Manager schonen zu müssen. Auch sonst wurde wenig gelernt aus der Krise. Trotz Eurokrise gibt es immer noch den Euro, die Schulden sind höher als vor zehn Jahren, die Banken sind z. T. extra noch gewachsen, um sicher „too big to fail“ zu sein und auf staatliche Hilfen zählen zu können, während US-Präsident Donald Trump den Finanzsektor wieder dereguliert und in Europa alle Risiken vergemeinschaftet werden sollen, was nicht zu deren Begrenzung beiträgt. Trotz recht guter Konjunktur hält außerdem die EZB an Null- und Negativzinsen fest und kauft weiter im großen Stil Anleihen, so dass ihr Spielraum beim nächsten Konjunktureinbruch oder gar einer neuen ernsthaften Krise äußerst begrenzt ist. Offensichtlich hat man aus der Finanzkrise nichts gelernt oder sogar das Falsche, nämlich dass es schon nicht so schlimm kommen würde, was schon vor zehn Jahren falsch war und beim nächsten Mal erst recht.

33 Gedanken zu „Lehman-Pleite vor zehn Jahren

  1. In Europa sind die Banken eher keiner als vor der Krise (gemessen an der Bilanzsumme). Trotz allem sind sie natürlich weiterhin Tbtf und vor allem viel zu sehr vernetzt (wobei eine hohe Vernetzung aus systemischen Gesichtspunkten nicht nur Nachteie, sondern auch Vorteile bringt, vor allem bei eher geringfügigen Schocks). Offiziell gibt es mit der BRRD ein Insolvenzverfahren und über Bail-In die Beteiligung privater Gläubiger. In der Realität würde eine große Bank natürlich weiterhin gerettet werden, weil eine Leverage Ratio von 3-6 Prozent bei den G-SIBs natürlich viel zu wenig ist und die für Bail-In vorgesehenen Senior-Non-Preferred-Anleihen weiterhin im Finanzsystem gehalten werden (Banken, Versicherungen etc.). Solange das der Fall ist, werden Ketteneffekte nicht zu verhindern sein.

    Übrigens haben wir nicht zu wenig, sondern zu viel und vor allem die falsche Regulierung. Die Regulierung ist unglaublich teuer und treibt kleine Player geradezu in Fusionen. Sie ist auch nicht hilfreich, weil sie undurchschaubar ist. Ich würde jegliche Regulierungsvorschriften abschaffen und lediglich die Leverage Ratio behalten und auf minimum 20 Prozent taxieren. Hier bin ich ganz bei Hellwig/Admati. Jeder, der eine Bank von innen gesehen hat, kann über den Regulierungsquatsch nur den Kopf schütteln. Das dafür verwendete Geld sollte besser ins Eigenkapital fließen und die Bankenaufsicht die Vermögenspreise überwachen.

    • Peter Burger sagte am 16/09/2018 um 18:11 “ . . .und lediglich die Leverage Ratio behalten und auf minimum 20 Prozent taxieren . . .“
      Diese Argumentation kann ich nicht nachvollziehen, da die ungewichtete Eigenmittelquote (Leverage Ratio) nach herrschender Meinung und sinnvoller Weise lediglich „ein“ Frühindikator sein soll, der u.a. die Kennziffern aus der Risikogewichtung ergänzt. Und ist Hellwig nicht der mit der Verharmlosung der Target-Salden ?

      • Die Eigenkapitalquote ist nicht nur ein Indikator, sondern mehr Eigenkapital hilft auch tatsächlich im Falle einer Krise bei der Abfederung. Allerdings sind weitere Regulierungen nötig. Dass heute viel falsch und zu kleinteilig-bürokratisch reguliert wird, ist allerdings richtig.

      • Alexander Dilger sagte am 16/09/2018 um 23:51: „Die Eigenkapitalquote ist nicht nur ein Indikator, sondern mehr Eigenkapital hilft auch tatsächlich im Falle einer Krise bei der Abfederung.“
        Die „ungewichtete“ Eigenmittelquote berücksichtigt z.B. nicht die Gefährdungswahrscheinlichkeit: Wenn eine Bank durch die Öffentliche Hand besicherte Groß-Kredite begibt, die andere eine Vielzahl von Konsumentenkrediten, dann kann man für die unterschiedlichen Geschäftsmodelle keine einheitlichen Quoten formulieren. Deshalb ist die „ungewichtete“ Eigenmittelquote nicht mehr als ein Frühwarnindikator. Wenn es anders wäre, müsste die Bank mit den erstklassig besicherten Krediten Eigenkapital vorhalten, welches sich wegen der risikoangepassten Zins-Konditionen niedriger verzinst.
        Oder habe ich da etwas übersehen ?

      • So risikoangepasst sind die Renditen von Staatsanleihen in der Eurozone doch gar nicht mehr. Außerdem ist es endogen, welche Art von Krediten eine Bank vergibt. Bei anderer Regulierung würde sich das ändern. Es fragt sich auch, welchen Nutzen es hat, wenn eine Bank nur Staatsanleihen hält.

    • Eine einfache und sinnvolle Regulierung ist z.B. die Einführung eines Trennbankensystems. Hier gibt man zwar Diversifikation auf Institutsebene auf, schafft aber Transparenz und kann schutzbedürftige Einleger und Funktionen besser absichern.

      • Ein Trennbankensystem hätte große Vorteile. Es wurde in den USA allerdings gerade vor und in der Krise abgebaut. Lehman Brothers war außerdem eine reine Investmentbank und zog trotzdem das gesamte Finanzsystem in die Krise.

      • Aber hätte Lehmann als reine Investmentbank andere Banken in einem Trennbankensystem ebenso mit in die Krise ziehen können? Die Berührungspunkte bzw. gegenseitigen Abhängigkeiten zu nicht-investmentbanken, Versicherungen usw. wären doch viel geringer gewesen. Oder habe ich da etwas übersehen?

      • Lehman Brothers war doch noch getrennt. Vermutlich wurde es auch deshalb dafür ausgewählt, ein Exempel zu statuieren, was jedoch grundlich scheiterte. Die Banken bleiben eben doch systemisch verbunden, selbst wenn die einfachen Sparer geschützt werden.

      • Aber andere Banken und Finanzinstitutionen waren nicht (mehr) getrennt. Anders formuliert, hätte es eine ähnliche heftige Ansteckung auf den Rest des Finanzsystems gegeben wenn alle Banken weiterhin getrennt gewesen wären?

      • Vermutlich, immerhin hat die ungeordnete Insolvenz einer reinen Investmentbank diese Folgen gehabt. Die Trennung darf man sich auch nicht so vorstellen, dass es keinerlei Geschäftsbeziehungen zwischen Geschäfts- und Investmentbanken gäbe. Es geht nur darum, dass die Geschäftsbanken nicht selbst Investmentbanking betreiben dürfen und die Investmentbanken keine Sparbücher und Girokonten von Endkunden verwalten, mit deren Geld also nicht direkt spekulieren können.

      • Verstehe. Ich dachte die Trennung wäre stärker. Nicht unbedingt durch Verbote sondern dadurch, dass eine reine Geschäftsbank wenig Geschäft mit einer Investmentbank machen würde und umgekehrt.

      • Insbesondere auf dem Interbankenmarkt begegnen sich alle Banken wieder und dort waren die Auswirkungen 2008 am größten. Natürlich könnte man auch dort eine Trennung vorsehen, für zielführender halte ich jedoch „Insolvenzverfahren light“, die nicht alle Gläubiger gleichermaßen betreffen. Es würden also nicht immer alle Banken in zwei Klassen geteilt, sondern im Insolvenzfall verschiedene Arten von Schulden und Gläubigern unterschieden. Der Öffentlichkeit am schwierigsten zu vermitteln wäre vielleicht, dass dadurch nicht nur Kleinanleger geschützt werden sollen, sondern durchaus auch Großbanken für bestimmte Arten von Kurzzeitkrediten, damit sie sich darüber nicht gegenseitig anstecken oder aus Angst davor auf diese Art von Krediten ganz verzichten.

      • Klingt vernünftig. Vielen Dank. Die Allgemeinheit hat vom Bankenretten wahrscheinlich erstmal genug, das stimmt. Aber ich glaube wahlentscheidend ist so etwas für die wenigsten, besonders wenn möglichst viele Parteien zustimmen.

      • Es gibt viele sehr wichtige Staatsaufgaben, die kaum jemanden interessieren, zumindest solange sie einigermaßen erledigt werden. Die öffentliche Aufmerksamkeit konzentriert sich meist, durch die Massenmedien verstärkt, auf wenige Themen oder sogar für sich genommen unwichtige Einzelfälle. Das Problem würde übrigens größer und nicht kleiner, wenn die AfD einmal in Regierungsverantwortung kommen sollte, da ihr der Unterbau für kompetente Alltagsarbeit in der Masse der Politikfelder fehlt.

      • Naja, genau diese Insolvenzkaskade gibt es mittlerweile. Das kann man der EU nicht vorwerfen. Das Problem ist aber, dass sie nicht glaubwürdig ist, da die TBTF-Problematik weiterhin vorhanden und die systemische Vernetzung zu groß ist. Eine Pleite der Deutschen Bank würde weiterhin das weltweite Finanzsystem in den Abgrund ziehen,, vor allem weil alle Banken den gleichen Markttrends unterliegen und schon ohne direkte/indirekte Vernetzung stark korreliert sind. Geht es einer Bank schlecht, geht es tendenziell der ganzen Branche schlecht.

        Das haftende Gläubigerkapital ist erst glaubwürdig, wenn es außerhalb des Finanzsystems gehalten wird. So würde eine systemrelevante Bank jederzeit wieder vom Steuerzahler gerettet werden und allenfalls für unbedeutende Banken Bail-In angewendet werden.

        @Wächter
        Eine Vernetzung lässt sich grundsätzlich nicht verhindern. Selbst ohne direkten Kreditkanal ist spätestens über den Assetkanal jede Bank mit jeder anderen Bank, ja sogar mit jedem anderen Eigner dieses Assets (im Prinzip sogar der ganzen Assetklasse) indirekt vernetzt. Vernetzung ist auch netzwerktheoretisch nicht schlecht. Viele kleine miteinander vernetzte Knoten wirken sogar stabilisierend. Schwierig sind wenige zentrale Knoten, an denen unzählige kleinere Knoten hängen. Geht der zentrale Knoten kaputt, gehen alle kleine Knoten mit in den Abgrund.

      • In anderen Branchen ist es so, dass eine Insolvenz zwar Sorgen um Konkurrenten auslöst, diese aber wegen des Ausfalls eines Konkurrenten zugleich stärkt. In der Finanzbranche überwiegt ganz klar die Ansteckungsgefahr. Dabei droht eine Bankenpleite nicht nur viele weitere Banken mit in den Abgrund zu reißen, sondern auch viele weitere Branchen.

      • Das Bild mit den Knoten ist gut.
        Ist denn die Deutsche Bank sogar noch gross genug um so einen Gefahr darzustellen? Wenn die so weiter macht fliegt sie doch bald auch aus dem DAX.

      • Die Bilanzsumme der Deutschen Bank liegt bei 1,4 Billionen Euro, mehr als doppelt so viel wie von Lehman Brothers vor zehn Jahren. Sie droht aus dem DAX zu fliegen wegen zu niedrigem Börsenwert. Ein niedrig bewertetes Eigenkapital ist jedoch eher Grund zur Sorge als zur Sorglosigkeit.

      • Die DB hatte allerdings auch schon eine Bilanzsumme über 2 Billionen €. Die DB ist definitiv systemrelevant, insbesondere für Deutschland. Fällt sie, dann kann der ganze Finanzsektor beerdigt werden und die deutsche Realwirtschaft gleich mit.

        Sorgen bereitet mir Italien. Die Versicherungsunternehmen nutzen die steigenden Spreads, wenn es mal wieder in der Regierung kracht, um sich mit Anleihen einzudecken, die zumindest eine Rendite oberhalb der offiziellen Inflationsrate erwirtschaftet. Wenn Italien fällt, dann ist nicht nur der Euro kaputt (was wünschenswert wäre) und die Banken in Schwierigkeiten. Dann sind die Lebensversicherungen und die privaten Renten der Normalbevölkerung hinüber.

  2. Eigenkapital ist ein Puffer gegen unerwartete Verluste. Risikogewichtete Eigenkapitalvorschriften führen diese Eigenschaft ad absurdum, denn sie gewichten Verluste mit Wahrscheinlichkeiten. Hierfür wären eigentlich Rückstellungen das Mittel der Wahl.

    Die Idee von risikogewichteten Eigenkapitalquoten hat zwar in der Theorie einen gewissen Charme, in der Praxis lässt sich Risiko jedoch kaum quantifizieren. Warum müssen Staatsanleihen im standardisierten Ansatz keine Eigenmittel hinterlegt werden? Von der Möglichkeit interne Berechnungsmodelle zu wählen, von der selbst kleine Institute Gebrauch machen, müssen wir erst gar nicht reden. Offen formuliertes Ziel dieser Modelle ist Eigenkapital einzusparen und gerade nicht das Risiko adäquat abzubilden. Empirisch schneiden risikogewichtete Eigenkapitalquoten als Krisenindikator auch deutlich schlechter ab als die Leverage Ratio.

    Mittlerweile geht man deshalb dazu über Capital Floors einzuführen, die den Spielraum der internen Modelle nach unten begrenzen. Was glauben Sie, was passiert ist? Skandinavische Hypothekenbanken haben plötzlich 10 Prozentpunkte weniger risikogewichtetes Eigenkapital, weil als aktuelle Basis historisch niedrige PDs (Probabilty of Default) und LGD (Loss Given Default) dienen.

    Es wird versucht eine mathematische Genauigkeit vorzutäuschen, die es in der Realität nicht gibt. Jede Krise ist ein Unikat und weder mit historischen noch mit hypothetischen Ausfall- und Verlustwahrscheinlichkeiten kommt man weit. Die Realität lässt sich nicht so leicht quantifizieren. Von den schwachsinnigen Rating-Agenturen (aber in der Regel auch internen Ratings) müssen wir erst gar nicht reden. Hier wird in aller Regel erst reagiert NACHDEM etwas passiert ist. Wie konnte man Erdogans Türkei allen Ernstes noch so lange Ratings im oberen B-Bereich vergeben?

    Eigenkapital kann Verluste absorbieren, die in der Regel auch nicht von anderen Banken und Versicherungen gehalten werden (wenn man Tochterunternehmen mal ausklammert), sondern sich im Streubesitz oder alternativ im Besitz von großen Investoren (Hedge Fonds, Staatsfonds etc.) befindet. Natürlich hat man auch hier einen Vermögenskanal, der Ketteneffekte mit sich bringt, aber die Zweit- und Drittrundeneffekte bei der Abschreibung von Anleihen oder gar Einbeziehung von Einlagen sind wesentlich gravierender.

    Der Regulierungsgrundfehler ist, dass immer noch auf das einzelne Asset abgezielt wird (um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten), in der Realität aber das Portfolio insgesamt entscheidend ist und Korrelationen nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Auch wird immer noch mikroprudenziell auf die einzelne Bank abgezielt. Eine makroprudenzielle, systemische Sichtweise wäre zielführender. Hierfür kann das Wachstum des Kreditvolumens dienen, das viel stärker gesteuert werden müsste. Außerdem natürlich die Entwicklung von Vermögenspreisen. Beide Indikatoren haben bislang ziemlich zuverlässig Finanzkrisen anzeigen können.

  3. Grundsätzlich ist eine Regulierung nur aufgrund des TBTF-Gedanken zu rechtfertigen. Die extrem kleinteilige und kostenintensive Regulierung führt allerdings zu einem total widersprüchlichen Effekt: Sie vergrößert Skaleneffekte und führt zu einem deutlich zentralistischeren System. Die TBTF-Problematik verschärft sich. Zum Verständnis der systematischen Problematik empfehle ich Einblicke in die interdisziplinäre Netzwerktheorie.

    • Die Größe von Banken ist nur ein Gesichtspunkt und nicht der wichtigste. In anderen Branchen gibt es auch sehr große Unternehmen, deren Insolvenz jedoch nicht so schlimm für die Gesamtwirtschaft wäre. Wichtiger ist die besondere Rolle des Finanzsektors und die Existenz systemischer Risiken in diesem. Also auch wenn es nur sehr viele kleine Banken gäbe, müssten diese reguliert werden. Das bedeutet aber auch, dass es nicht genügt, jeweils nur auf die Risikostruktur der einzelnen Banken zu schauen.

  4. Die sogenannte „Weltfinanzkrise“ war keine echte Bankenkrise, sondern direkt oder indirekt eine Überschuldungskrise, vor allem eine Staatsschuldenkrise. Seit Jahrzehnten „verwöhnen“ Politiker die Bürger mit Wahlgeschenken, die die Bürger anschließend selbst bezahlen müssen, beziehungsweise auf dem großen Bierdeckel einfach angeschrieben werden…!

    • Der Auslöser in den USA war durchaus eine Banken- und Immobilienkrise. In Europa war es ebenfalls zuerst eine Banken-, Immobilien- und auch Eurokrise, die insbesondere durch verfehlte Bankenrettungen erst zu einer Staatsschuldenkrise wurde. Island hat es besser gemacht als Irland und seine Banken nicht gerettet.

      • Doch: Überschuldungskrise!
        In den USA haben Menschen Kredite für Häuser und Wohnungen bekommen, die sich das gar nicht leisten konnten. Es gab sogar 120%-Finanzierungen, d. h. Leute haben einen Kredit aufgenommen und noch Geld rausbekommen. Diese faulen Kredite wurden dann in Fonds verpackt und weltweit mit großen Renditeversprechungen weiterverkauft. Auch deutsche Banken haben zugegriffen. Diese Blase musste platzen!

        Ebenso: Staatsschuldenkrise!!!
        Fast alle Staaten weltweit leben seit Jahrzehnten über ihre Verhältnisse! Auch diese Blase musste platzen. Griechenland war Peanuts dagegen! Sie ist vor 10 Jahren allerdings gar nicht vollständig geplatzt. Das steht uns für die nächste Weltfinanzkrise noch bevor. Die Mächtigen dieser Welt schieben das von Jahr zu Jahr auf. Sollen sich doch die Nachfolger damit herumärgern!?! Aber die Stunde der Wahrheit wird kommen!

      • Eine Immobilienkrise ist eine sehr spezielle Form einer Überschuldungskrise. Solange die Immobilienpreise steigen, stehen den Schulden Gegenwerte gegenüber. Der Fehler war die falsche Erwartung, die Preise würden immer nur steigen und könnten gar nicht mehr fallen.

        Eine Staatsschuldenkrise hat es in den USA nicht gegeben. In Europa hatten die meisten Krisenländer vorher eine geringere Staatsschuldenquote als Deutschland, welches ebenfalls keine Staatsschuldenkrise hatte. Griechenland ist ein Sonderfall, Italien auf andere Weise auch.

        Japan hat schon lange sehr hohe Staatsschulden, was jedoch Folge statt Ursache der dortigen Krise ist und zumindest bislang nichts macht, weil die Zinsen sehr niedrig und die japanischen Sparer leidensfähig sind. Die Erwartung, Staatsschulden müssten irgendwann zurückgezahlt werden, ist falsch. Die einzelnen Anleihen werden natürlich bedient, doch dazu werden neue Schulden gemacht und immer weiter in die Zukunft geschoben. Das Hauptproblem an zu hohen Staatsschulden ist, dass sie die weitere Verschuldung erschweren, was nach einer Staatspleite noch stärker der Fall ist.

      • Die Differenzierung zwischen Staatsschulden und Schulden des privaten Sektors ist kleinlich, denn die Auswirkungen sind in der Regel ähnlich. Schulden müssen nicht getilgt werden, zumindest der Zins muss aber geleistet werden. Bei einem großen Schuldenstand wird das problematisch, insbesondere wenn die Zinsen ansteigen.

        Mir bereitet die aktuelle Situation große Sorgen. Ich lerne immer mehr Mitzwanziger kennen, die sich eine Wohnung in der Stadt (alternativ ein Haus auf dem Land kaufen möchten. Eigenkapital ist kaum vorhanden und die Finanzierung ist auf 35 Jahre eingeplant. Auf meine Entgegnung, dass das aber ziemlich riskant sei und besonders bei jungen Menschen abseits des Finanzierungsrisikos sich auch noch die persönlichen Lebensumstände ändern können und man deshalb zu einem Verkauf gezwungen sein könnte, wobei der Verkaufspreis dann aber unterhalb der Restschuld liegen könnte, ernte ich nur ungläubiges Staunen. Alle rechnen mit steigenden Preisen, denken es ginge immer so weiter und rechnen mir vor, dass ihre monatliche Belastung aus Tilgung und Zins unterhalb einer vergleichbaren Miete läge und man ja deshalb problemlos noch vermieten könnte und immer noch einen Gewinn dabei herausspringen würde.

        Ob die Rechnungen des perpeetum mobile so korrekt sind oder ob hier Laien schon mal wichtige Parameter vergessen oder nicht verstanden haben, sei mal dahingestellt. Jedenfalls wird mir Angst und Bange, falls die Zinsen doch noch irgendwann steigen oder ein wirtschaftlicher Abschwung Menschen in die Arbeitslosigkeit schickt.

      • Es macht einen großen Unterschied, wer Schuldner ist, außer wenn der Staat im Zweifel sowieso immer einspringt. Dann sollte er aber von vornherein die Kontrolle übernehmen und z. B. die Banken verstaatlichen. Andernfalls werden Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert mit allen Fehlanreizen zur Risikosteigerung statt -minimierung.

        Auch die Zinszahlungen können durch neue Schulden finanziert werden – wenn sie nicht zu hoch sind. Bei den aktuellen Niedrigst-, Null- und sogar Negativzinsen sind die Zinszahlungen gar kein Problem. Solange die Zinsen unter Inflation und Wirtschaftswachstum liegen, passiert nichts. Wenn die geschuldeten Zinsen allerdings explodieren, platzt die Blase. Für Privatpersonen gilt im Prinzip dasselbe, nur dass sie keinen Einfluss auf die Höhe des Zinssatzes haben. Es ist außerdem zu bedenken, dass man in Deutschland seine Immobilienschulden behält, selbst wenn man die Immobilie längst los ist, was in etlichen US-Bundesstaaten nicht der Fall war.

      • Die überschuldeten Staaten (und da gehören die USA leider auch ganz vorne mit dazu!) sind die Süchtigen und die Banken sind ihre Dealer. Der „Goldene Schuss“ wird irgendwann kommen…!

      • Das mag früher einmal so gewesen sein. Jetzt gibt es staatliche Notenbanken, die genug Geld schaffen können, um alle Schulden zu bezahlen.

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