Möglichkeiten ohne Merkel

‚SPD, FDP und vor allem AfD müssten sich Merkel klar verweigern‘. Zumindest einer in der SPD scheint das erkannt zu haben. Für Thomas Oppermann, den bisherigen SPD-Fraktionschef, der jetzt von „In die Fresse“-Nahles abgelöst wurde, ist eine „Große Koalition denkbar – wenn Merkel sich zurückzieht“. Das ist die richtige Einstellung, mit der die SPD ein besseres Wahlergebnis erzielt hätte, aber auch jetzt ihr Schicksal noch wenden könnte. Die aktuelle, deutlich linkere SPD-Führung will davon aber nichts wissen (siehe „Kommt bei einem Merkel-Rücktritt doch eine GroKo? SPD-Spitzenpolitiker dementieren“). Es hängen nicht nur die eigenen Posten an der Oppositionsrolle, sondern linke Politiker haben eigentlich gar nichts gegen Frau Merkel, die tatsächlich eine von ihnen ist und vor allem linke Forderungen umsetzt.

„Grüne stimmen für Jamaika-Sondierungen“, ist folglich keine Überraschung. Aber warum drängt die FDP in die nächste Koalition mit Frau Merkel? Hat Herr Lindner die letzte schwarz-gelbe Koalition, seine eigene unrühmliche Rolle dabei und die Folgen bereits verdrängt? Eine Jamaika-Koalition mit den Grünen und einer angezählten Kanzlerin wird doch eher noch schlimmer. Auch die AfD könnte mehr tun, als sich nur mit sich selbst zu beschäftigen. Die vierte Amtszeit von Frau Merkel mag der AfD noch mehr Stimmen bringen, doch für Deutschland wäre es besser, darauf zu verzichten. Warum bietet die AfD nicht die Tolerierung einer bürgerlichen Regierung von Union und FDP ohne Frau Merkel an? Am meisten Widerstand leistet noch die CSU, die jedoch am Ende wieder umknicken wird, insbesondere wenn sich Herr Seehofer im Amt behaupten kann. Dabei würde die Union am meisten davon profitieren, wenn Frau Merkel ihre Wahlniederlage endlich eingestehen (siehe „Sie säte Wind und erntete Sturm“) und zurücktreten würde.

23 Gedanken zu „Möglichkeiten ohne Merkel

  1. Sehr gut, dass eine Regierung ohne Merkel überhaupt denkbar wird, wer hätte das vor Monaten gedacht? Bis auf ganz wenige wie Herr Sodenkamp. Und das starke Ergebnis der AfD zeigt auch Wirkung.

      • Man darf eben nicht unterschätzen, dass substanzielle Bevölkerungsgruppen (sowohl qualitativ namhafte als auch quantitativ beträchtliche) gegen Frau Merkel sind. Und deswegen ist sie eine Kanzlerin auf Abruf, denn gegen diese massiven Widerstände ist sie eine lame duck. Sobald die Union sich dies eingesteht, wird es schnell gehen. Man kann Deutschland nicht regieren, wenn man auf so massiven Widerstand stößt wie Frau Merkel.
        Wäre die SPD mit einem überzeugenden Kandidaten und vor allem einem tatsächlichen, in sich geschlossenem und überzeugendem Alternativprogramm angetreten, wäre Frau Merkel jetzt schon weg vom Fenster.

    • Eigentlich gehört eine Art ‚Satzungsänderung‘ für die Bundesrepublik Deutschland beantragt, die besagt, dass Wählerwille das ist, was die Mehrheit der Wähler wünscht und nicht, was abgewählte Politiker sich wünschen.
      Für Koalitionen sollte darin eine Klausel enthalten sein, die besagt, dass die einzelnen Parteien in der Rangfolge ihrer Wählerakzeptanz an der Regierung zu beteiligen sind. Und wenn eine „Große Koalition“ soweit abgewirtschaftet hat, dass die an ihr beteiligten Parteien nicht mehr miteinander können oder gar von anderen Parteien überholt werden, dann haben sie eben fertig, müssen in die Opposition und gut ist.
      Waghalsige Konstruktionen unter Zuhilfenahme der kleinsten Parteien (dieses Jahr CSU und Grüne) wären dann für immer vom Tisch.

      • Das wäre nicht demokratisch und es gibt auf der ganzen Welt kein Vorbild für solch ein Festschreiben der Großen Koalition. Die klarste Alternative zu unserem Wahlsystem ist ein konsequentes Mehrheitswahlrecht, welches aber auch Nachteile hat.

  2. Wenn die AFD ihre Leute in Griff bekommt und ihre sehr völkischen Kommentare gegen null reduziert, dann wird sie bei einer Jamaica-Koalition wieder der Gewinner der nächsten Wahl sein. Die SPD wird mit dem jetzigen gezeigten Personal eher mit den linken um Stimmen kämpfen als in der Mitte zu gewinnen. Wenn im nächsten Jahr die Sperre für den Familiennachzug fällt und 1 Millionen Nachzügler kommen, dann gibt es andere Probleme. Jamaika in Schleswig-Holstein sprich CDU, FDP und Grüne finden Familiennachzug super, die CSU wird einknicken.
    Ich teile nicht Frau Nahles Meinung, aber ich habe schon Respekt, wie sie sich in der SPD durchgesetzt hat. Sie hätte nie eine Quote nötig gehabt. Sie scheint auch bodenbeständiger zu sein als Maas und Schwesig.Aber das Führungspersonal im Moment ist so links, das sie den massenhaften Familiennachwuchs bei den Migranten unterstützen werden. Ebenso werden sie den Kuschelkurs mit den Islamisten fortsetzen. Der SPD fehlt ein Otto Schilly. Ein roter Sheriff, der für Recht und Ordnung sorgt. Er war übrigens auch der Ideengeber für Flüchtlingszentren in Afrika, von wo aus eine kontrollierte Einwanderung stattfinden sollte. Heute eine AFD-Position. Dann hätte wenigstens die SPD eine parteiinterne Debatte über die Migration. Und die Chance, dass sich die Arbeiter bei ihr aufgehoben fühlen. Die Grünen haben Sie dank Boris Palmer bereits schon. War das der Rettungsanker für die Grünen?

    • Asylverfahren aus dem Ausland sind keine so gute Idee. Das Problem, abgelehnte Antragsteller abschieben zu müssen, entfällt nicht wirklich, weil doch weiterhin Flüchtlinge direkt nach Deutschland kämen. Dafür gibt es viele Millionen Menschen auf der Welt, die dann ihren berechtigten Anspruch irgendwo anders geltend machen könnten. Richtig wäre es, diesen Menschen heimatnah zu helfen, statt sie alle nach Deutschland zu holen.

  3. Die SPD hat halt den Wahlkampf viel zu brav geführt, so einen trickreichen Schmutzkübelwahlkampf haben die halt nicht drauf.
    Man macht eine teure Facebook-Seite „Die Wahrheit über Angela Merkel“ und patzt die Merkel mit antisemitischen und rassistischen Vorwürfen an, damit Wähler, die zwischen CDU und AfD schwanken, AfD wählen und die SPD dadurch stärkste Partei wird.
    Denkt man sich, der König hat aber eine blühende Fantasie.

    Gesten ist so was im österreichischen Wahlkampf aufgeflogen und der SPÖ-Geschäftsführer musste zurücktreten.
    „……..Mit den beiden Seiten wollten die von der SPÖ mit 500.000 Euro entlohnen PR-Leute den ÖVP-Obmann Sebastian Kurz von zwei Seiten beschädigen.

    Die Seite «Die Wahrheit über Sebastian Kurz» tarnte sich als FPÖ-nahe Seite, mit der Kurz vorgeworfen wurde, zuwenig ausländerfeindlich zu sein. Die Seite agierte offen rassistisch und antisemitisch. So behauptete die Seite, Kurz‘ Wahlbewegung sei vom US-Milliardär George Soros finanziert worden. Die Seite sollte offenkundig dazu dienen, FPÖ-Wähler von Kurz fernzuhalten. Die Seite erweckte den Eindruck, als käme sie aus dem FPÖ-Umfeld.
    ……………“
    https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2017/09/30/eklat-in-oesterreich-spoe-manager-muss-wegen-rassistischer-facebook-seite-zuruecktreten/

    Voll in die Fresse, so muss Wahlkampf sein.

  4. Wenn die SPD ihren Vorsitzenden austauschte, ergäben sich sicherlich neue Konstellationen. Die Darstellung des Wahlkampfs des Herrn Schulz seitens des Spiegel-Redakteurs Markus Feldenkirchen als dessen ständigem Begleiter (Spiegel No 40) ist ja eigentlich vernichtend – unbegreiflich. Wenn sich die „Jamaika“-Verhandlungen lange hinziehen, würde sich die SPD wieder als Gesprächspartner anbieten. Wenn allerdings die Kanzlerin dann den für sie eventuell bequemeren Weg mit der SPD geht, gibt es eine Palastrevolution in der CDU und negatives mediales Echo.
    Ich sehe allerdings bei „Jamaika“ großes Einigungspotenzial bei den handelnden Personen und in der Sache- in der Flüchtlingsfrage, in der Europa-Politik. In der Klima-Politik könnte es Formel-Kompromisse geben. Im Gegensatz zu Prof. Dilger geht es Lindner tatsächlich nicht primär um die Ablösung der Kanzlerin, sondern um die Durchsetzung des Wahlprogramms der FDP. Dass dieses Ziel ernsthaft und mit Engagement betrieben wird, kann man ja nun einer Führungskraft nicht vorwerfen.

    • „Wenn allerdings die Kanzlerin dann den für sie eventuell bequemeren Weg mit der SPD geht, gibt es eine Palastrevolution in der CDU und negatives mediales Echo.“

      Die Palastrevolution in der CDU ist schon ausgeblieben, als Merkel sich umgehend über den Parteitagsbeschluss zur doppelten Staatsbürgerschaft hinwegsetzte und in die Kameras (das „mediale Echo“ hierzu ist bekannt) sagte, dass sie sich daran nicht gebunden fühlt.

      Warum sollte es dann ausgerechnet eine Palastrevolution in der CDU geben, wenn es um die Verteidigung der Futtertröge geht?

      Gäbe es Neuwahlen, würde die CDU weitere Stimmen verlieren.
      Also lieber „weiter so“ in einer Neuauflage der GroKo …

      Und was das mediale Echo hierauf angeht, gilt im Grunde genau dasselbe.

      • Die CDU/CSU hat in stärkerem Umfang Stimmen an die FDP verloren, die m.E. der Wirtschaft zuzurechnen sind und die gegen eine weitere GROKO gestimmt haben. Von daher dürfte ein „weiter so“ schwierig werden, denn da hängt auch Geldzufluss für die Merkel-Partei dran. Man muss das Umfeld dieser Partei berücksichtigen, in das die Abgeordneten eingebunden sind.

    • Herr Schulz wird sich wohl nicht mehr lange als SPD-Vorsitzender halten können. Große Teile der Union würden eine Fortsetzung der Koalition mit der SPD befürworten. Wie viel Herr Lindner diesmal wirklich gegen Frau Merkel durchsetzen kann, bleibt abzuwarten.

  5. Merkel haben fertig. Aber sie klebt an ihrem Sessel, und das obwohl ihr de facto nur noch 20% (Nichtwähler und CSU-Wähler als nicht unmittelbare Merkel-Wähler mit eingerechnet) der Wahlberechtigten ihre Stimme gegeben haben. In dieser Situation noch von einem „Regierungsauftrag“ zu sprechen, ist eine Unverfrorenheit, die Ihresgleichen sucht.

    Ob FDP und CSU einknicken, bleibt allerdings nach wie vor abzuwarten.

    Neuwahlen indes halte ich für sehr unwahrscheinlich, da sie die AfD wohl nur stärken würden, was weder Merkel noch die SPD in Kauf nehmen wollen.

    Wie weit es mit der lupenreinen Demokratie in Westeuropa inzwischen insgesamt her ist, lässt sich heute in Katalonien eindrucksvoll beobachten.

    • Die CSU knickt auf jeden Fall ein, zum Beispiel hat Herr Hermann bereits die Obergrenze einkassiert. Ich vermute, dass auch die FDP am Ende im Wesentlichen das macht, was die Grünen wollen.

      • Die Grünen knicken doch gerade bei jedem Punkt ein. Am Ende machen alle wieder, was Frau Merkel gerade so durch den Kopf geht.

  6. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Union sehr ernsthaft überlegt, innerhalb der nächsten sagen wir zwei Jahre einen neuen Parteivorsitzenden (m/w, was hier wichtig ist, da nicht der Eindruck entstehen soll, der Kandidatenkreis würde sich auf Männer beschränken) aufzubauen. Diese Person würde dann in vier Jahren ins Rennen um das Kanzleramt geschickt. Aktuell ist aber Frau Merkel als Kanzlerin gesetzt.

  7. Wenn ich Berater der SPD gewesen wäre, was ich natürlich ausinhaltlichen Gründen nicht gemacht hätte, hätte ich der Parteiführung empfohlen, etwa ein Jahr vor der Bundestagswahl die Große Koalition platzen zu lassen. Einen vorgeschobenen Grund dafür könnte man immer konstruieren. Dass Gabriel und andere Genossen weiter Minister unter Merkel waren, Schulz aber Opposition spielen wolle, war nicht wirklich glaubwürdig!

      • Nicht nur, dass denen echte Strategen fehlen! Zusätzlich sind die Sessel als Minister, Staatssekretäre und dem ganzem Hofstaat so bequem!!! Wer an den Fleischtöpfen sitzt, will keine Revolution!!!

  8. “ Warum bietet die AfD nicht die Tolerierung einer bürgerlichen Regierung von Union und FDP ohne Frau Merkel an?“
    So was nennt man eine Minderheitsregierung – quod dixi, würde FJS wohl nun sagen.

    Ohne Merkel wäre auch auch eine GroKo wieder möglich, wie ja Oppermann schon andeutete.Sie verweisen darauf.
    Jetzt wird wohl die Niedersachsenwahl abgewartet. Kriegt die CDU dort noch mal eine richtige Klatsche ist Merkel hoffentlich weg. Die CSU wird dann aus Angst davor, dass es ihr in Bayern ähnlich ergeht, Jamaika blockieren und die SPD dann infolge eines „Staatsnotstandes“ sich zur GroKo bereit erklären, falls Merkel sich zurück zieht.

  9. Pingback: Erstmals auch Blogbeiträge an VG Wort gemeldet | Alexander Dilger

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..