EZB bald ohne Bundesbankstimmrecht

Finanzminister Schäuble hat einmal mehr die deutschen Interessen missachtet (was ihn auch als ESM-Direktor disqualifiziert) und die Anwendung neuer Abstimmungsregeln bei der EZB zugelassen. Sobald ein 19. Land der Eurozone beitritt (vermutlich Anfang nächsten Jahres Litauen, ohne dass die Litauer gefragt würden), hat kein Land mehr ein dauerhaftes Stimmrecht im EZB-Rat, sondern die Zentralbankpräsidenten der fünf größten Volkswirtschaften bekommen zusammen vier Stimmen mit monatlicher Rotation, während die restlichen Zentralbankpräsidenten zusammen elf Stimmrechte haben und nur die sechs Direktoriumsmitglieder durchgängig stimmberechtigt bleiben. Konkret bedeutet das, dass die Bundesbank alle fünf Monate kein Stimmrecht hat, wobei extra dann stabilitätsgefährdende Beschlüsse gefasst werden können. Momentan ist mit Sabine Lautenschläger im Direktorium zwar stets eine deutsche Stimme vertreten, aber das muss natürlich nicht so bleiben.

Insgesamt ist das ein Skandal, an dem jede Kritik berechtigt ist, während sich die Grünen mit ihrer Gegenkritik einmal mehr als Gegner ihres eigenen Landes und finanzieller Stabiltiät erweisen (siehe „Grüne attackieren Union und AfD wegen EZB-Kritik“). Statt der Bundesbank das Stimmrecht zeitweise ganz zu entziehen, müsste sie umgekehrt mehr Stimmrechte erhalten oder sogar das von Bernd Lucke geforderte Vetorecht, denn schon formal hat sie über ein Viertel des EZB-Kapitals eingezahlt und haftet damit, während faktisch die deutsche Wirtschafts- und Finanzkraft alleine den Euro am Leben erhält. Schließlich gibt es überhaupt keinen sachlichen Grund für den zeitweiligen Stimmrechtsentzug, weil alle Zentralbankpräsidenten plus Begleiter weiterhin kommen und ihr Rederecht behalten. Also werden die Sitzungen gar nicht übersichtlicher und effizienter, sondern nur noch weniger legitimiert sein als ohnehin schon.

10 Gedanken zu „EZB bald ohne Bundesbankstimmrecht

  1. Es ist richtig und notwendig, dass auch auf der politischen Ebene auf dieses skandalöse (krasses Missverhältnis von Haftung und Stimmrecht, wie war das noch mal mit Taxation und Representation?) Geschehen hingewiesen wird, zumal viele unserer Mitbürger wahrscheinlich davon nichts wissen, weswegen Aufklärung bitter Not tut. Der Bundesfinanzminister ist ein unverbesserlicher Fanatiker, dessen Mischung aus Inkompetenz und Verachtung für Deutschland, seine Bewohner und sein Rechtssystem – mithin westliche Rechtsgrundsätze generell – bereits in seiner Zeit als CDU-Parteifunktionär und Innenminister offensichtlich wurden. Die ultralinke Anhängerschaft der Grünen wiederum sollte sich mal fragen, warum die Partei eine in Frankfurt angesiedelte Zentralbank mit ziemlich asozialer Agenda und dubiosem Spitzenpersonal vehement in Schutz nimmt – aber die entsprechenden Leute können auch abseits der Wirtschaft nicht Eins und Eins zusammenzählen, fürchte ich.

    In der Praxis dürfte die Entscheidung eher wenig relevant sein, da die Bundesbank letztlich genau wie die Bundesregierung die bloße Existenz einer Eurozone mit stetig wachsenden Grenzen über alles andere stellt. Dass die Bundesbank irgendetwas verhindern würde, wenn es wirklich kritisch wird, darf daher ohnehin bezweifelt werden. Die jetzige Entwicklung stellt wohl vor allem eine Möglichkeit für Herrn Weidmann dar, sich aus der Affäre zu ziehen, was freilich kein gutes Omen ist.

    • Die Bundesbank und insbesondere Jens Weidmann würden schon gerne einen anderen Kurs fahren, aber er hat dieselbe Stimme wie z. B. Josef Bonnici aus Malta. Man kann sogar argumentieren, dass sein Stimmgewicht relativ gesehen marginal steigt (4/5 > 11/14), aber das ist ein schwacher Trost für ein völlig verkorkstes System.

      • Heinz-Josef Hecker
        Eine Anti-Euro-Plattform ist ein sympathischer Vorschlag von Herrn Professor Dilger.
        Ich will sicher nicht nur ein Thema in dieser Partei diskutieren. Das Kernthema Euro geht aber in der Diskussion innerhalb der AfD verloren. Auf einer Plattform, in der der Euro Kernthema ist, können dann auch alle anderen Themen diskutiert werden.
        „Wirtschaftsliberale Plattform“ oder
        „Alternatives Wirtschaftsliberales Forum“,
        „Demokratisches Wirtschaftsforum“
        Die Frage, die sich stellt, brauchen wir hierzu eine „Genehmigung“ (analog der Benutzung des Logos) wenn AfD Mitglieder dieses Forum betreiben. Oder sollten wir das Thema in einer lockern Zusammenkunft oder in einem Wirtschaftspolitischen Kreis/Verein diskutieren? Es sollte auch eine überparteiliche Diskussionsrunde sein, eine Basis hierzu könnte auch auf einem Blog gelegt werden. In einem Blog kann auch problemlos bundesweit diskutiert werden.
        Leider besteht die „Wahlalternative 2013“ nicht mehr in der alten Form.
        Voraussetzung für meine Teilnahme ist allerdings, dass die Beteiligten sich mit Namen und Adresse zu erkennen geben und nach dem Motto „Die Freiheit ist immer die Freiheit des kommunistischen Andersdenkenden“ schreiben und arbeiten. Das Zitat soll nicht zu der Annahme verleiten, ich sei Sozialist oder Kommunist.
        Selbst der AfD Landessprecher Herr Pretzell wird einsichtig. Schreibt Herr Pretzell doch heute, dass er eine Kreissprecher-Konferenz in der AfD einführen will. Auf dem LPT in Ratingen am 27.07.2013 hat er noch vehement gegen meinen Antrag opponiert, eine Kreissprecherkonferenz in die Satzung als Organ der Partei einzufügen.
        Leider gibt es in der Alternative für Deutschland keine Plattform, auf der die „normalen“ Mitglieder öffentlich diskutieren oder miteinander reden können.

      • Sehr geehrter Herr Dilger,
        mal ein etwas abweichendes Thema. Was halten Sie von der geschlagenen Vollgeldreform, um den Problemen der multlplen Giralgeldschöpfung auf der Basis der minimalster fraktionaler Reserven zu entkommen?

        Chufu

    • Fanatiker ist wirklich eine passende Kennzeichnung (man analysiere seinen „fiesen“ Gesichtsausdruck). Ich frage mich nur, ob man überhaupt mit sachlichen Argumenten oder Kritik weiterkommt, wenn das dahinter liegende Ziel ein politisch-ideologisches ist, welches von deren Betreibern praktisch quasi-religös verbrämt wird. Wahrscheinlich kann nur der totale Zusammenbruch eine Änderung bringen.

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  3. „während sich die Grünen mit ihrer Gegenkritik einmal mehr als Gegner ihres eigenen Landes und finanzieller Stabiltiät erweisen“

    Hallo Herr Dilger!

    Ich habe mich ja auch schon einmal wegen einer ähnlichen Formulierung von Ihnen aufgeregt, aber da es sich bei inzwischen als Muster erweist, kommen mir inzwischen Zweifel, vielleicht liegt es auch am falschen Verständnis meinerseits (bin ja kein Muttersprachler).

    Daher die Frage, die ich gerne für mich beantwortet hätte: wenn Sie jemanden als „Gegner Deutschlands“ bzw. „Gegner ihres eigenen Landes“ bezeichnen, meinen Sie

    a) Jemanden, der BEWUST Deutschland schadet, zugunsten der nicht weiter genannten dritter Interessen oder Ideologien (oder auch der persönlichen Karriere)?

    b) Jemanden, der deutsches Wohl und deutsche Interessen anders vesteht als Sie und deshalb, ihrer Meinung nach, Deutschland schadet?

    Bitte das zutreffende ankreuzen 🙂

    P.S

    Würde mich halt interessieren, ob ich auch ein Gegner Deutschlands bin.

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