Steuerzahlergedenktag 2017

Heute ist der Steuerzahlergedenktag 2017, den der Bund der Steuerzahler ausgerufen hat, weil der durchschnittliche Steuerzahler angeblich erst ab heute für sich selbst Geld verdienen würde und zuvor nur für den Staat bzw. dessen Steuern und Abgaben gearbeitet (und gespart) hätte (siehe „Von 1 Euro bleiben nur 45,4 Cent“). Es gibt Kritik an dem Konzept (siehe z. B. Wikipedia), die ich partiell für berechtigt halte.

Nicht stichhaltig ist Kritik daran, dass normale Arbeitnehmer bestimmte Steuern gar nicht zahlen müssten, weil sie das indirekt über z. B. Konsumgüterpreise oder niedrigere Löhne vielleicht doch tun und es vor allem um Steuerzahler allgemein geht, nicht nur um Arbeitnehmer. Ebenso wenig überzeugt es, dass durch die Steuerprogression die meisten Steuerzahler weniger zahlen würden, weil dann andere eben entsprechend mehr zahlen müssen sowie die Sozialabgaben insbesondere mittlere Einkommen belasten (während viele Bürger netto gar keine Steuern zahlen). Dass die staatlichen Gegenleistungen nicht berücksichtigt werden, finde ich grundsätzlich auch nicht schlimm. Es geht darum, welcher Teil des Einkommens frei verfügbar bleibt, nicht um eine pauschale Kritik an allen Staatsausgaben.

Dieser Einwand wird erst dann interessanter, wenn es insbesondere für Sozialabgaben eine individuelle Gegenleistung gibt, die der Beitragszahler vielleicht sogar freiwillig erstanden hätte, selbst wenn der Staat ihn nicht dazu zwingen würde. Der wirklich überzeugende Einwand lautet jedoch, dass das Volkseinkommen keine geeignete Bezugsgröße ist, weil aus diesem die sogenannten Gütersteuern (wie Umsatzsteuer, Energiesteuer und Gewerbesteuer) herausgerechnet werden, die aber im Zähler des Quotienten der Steuerbelastung stehen. Damit wäre es sogar theoretisch möglich, dass dieser Wert 100 Prozent überschreitet bzw. der Steuerzahlergedenktag im nächsten Jahr liegt.

Aussagekräftiger ist deshalb die Steuer- und Abgabenquote nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die 2015 bei 39,4 Prozent lag (siehe „Ent­wick­lung der Steu­er- und Ab­ga­ben­quo­ten“ und für bestimmte Personengruppen ‚Deutschland hat weit überdurchschnittliche Steuer- und Abgabenlast‘). Danach arbeitet man immer noch viel für den Staat und dessen Sozialsysteme, aber durchschnittlich nicht bis in den Juli (der Steuerzahlergedenktag 2015 war am 11. Juli), sondern „nur“ bis zum 24. Mai.

10 Gedanken zu „Steuerzahlergedenktag 2017

  1. Die Behauptung, es gäbe in Deutschland Menschen, die überhaupt keine Steuern bezahlen, ist unzutreffend. Jeder Konsument zahlt schon alleine über die Güter- und Verbrauchssteuern aber auch über die Versicherungssteuer ständig Steuern an den Staat, denen er sich nicht entziehen kann. Jedenfalls nicht, solange er in Deutschland lebt und nicht endgültig ausgewandert ist.

    • Deshalb hatte ich auch nicht Menschen geschrieben, „die überhaupt keine Steuern bezahlen“, sondern solchen, die „netto gar keine Steuern bezahlen“. Wer von staatlichen Sozialleistungen lebt, mag davon einen kleinen Teil als Steuern zurückzahlen, ist netto jedoch kein Steuerzahler, sondern ein Zahlungsempfänger. Schwieriger wird die Abgrenzung bei z. B. Rentnern oder Beamten wie mir, die ebenfalls netto Geld vom Staat erhalten, dafür jedoch eine Gegenleistung erbringen oder erbracht haben (wie ein Unternehmer, der Produkte oder Dienstleistungen am Markt verkauft, die zumindest teilweise der Staat erwirbt).

      • In Deutschland sind die Steuern und Abgaben viel zu hoch! Es wird zu viel Geld verschwendet, in der Verwaltung, bei Fehlplanungen, bei Zahlungen an andere Staaten und für Leute, die sich als „Flüchtlinge“ ausgeben.

        Merkel hat vor ihre ersten Wahl zum Regierungschef ein einfacheres und niedrigeres Steuersystem versprochen (Kirchhof-/Merz-Modell). Nun ist sie 12 Jahre im Amt. Sie NICHTS von ihren Wahlversprechen gehalten! Sie ist eine Lügnerin, eine Betrügerin und damit im besten Sinne eine Sozialistin!!!

  2. M.M.: Auch beim Wegzug werden Sie geschoren. Es wird nämlich die Wegzugsteuer unmittelbar fällig beim Umzug in ein Nicht EU-Land. Sie müssen dann in Bezug auf Wertpapiere und Unternehmensbeteiligungen Abgaben in Höhe von 27,5% auf alle Wertsteigerungen zahlen.

    • Ich bin ehrlich gesagt schockiert. Von dieser Steuer habe ich nichts gewusst. Wie kann man sich da schützen, wenn man sein Vermögen erst aufbaut? Würde eine Vermögensverwaltungsgmbh in der Schweiz helfen, an der man alle Anteile hält?

      • Legal hilft das nicht. Am effektivsten ist es, wenn Sie Ihren Wohnsitz vorher ins Ausland verlagern, bevor Ihr Vermögen überhaupt wächst.

  3. @ Burger: Es ist ausdrücklich nicht der Wunsch des Staates, dass Sie irgendwelches Vermögen anhäufen; auch ein Herr Lindner ist wie die AfD ein Anhänger der Volksverbeamtung.
    Konkret: Die beste Möglichkeit ist be einem erheblichen Vermögen ein so genannter Cross Border Merger mit einer in der Schweiz gegründeten Holding.
    Dazu müssen Sie aber Ihre deutschen Aktiva in eine deutsche Holdinggesellschaft überführen.
    Dann können sie Ihre Gesellschaften verschmelzen; die Gesamtgesellschaft ist nur in der Schweiz steuerpflichtig. Kosten: etwa 5%. Sie dürfen dann aber nicht die besonders günstige Pauschalbesteuerung in der Schweiz in Anspruch nehmen.

    Bedenken Sie, dass Sie 5 Jahre nach dem Wegzug in Deutschland erbschaftssteuerpflichtig bleiben, in den USA sogar 10 Jahre.
    Dies können Sie nur verhindern, wenn sie 5 Jahre vor dem Wegzug die deutsche Staatsangehörigkeit niederlegen, Sie dürfen hierdurch aber nicht staatenlos werden.
    Hierzu benötigen sie eine internationale Rechtsanwaltskanzlei, z.B.
    St.Matthew – Deutsche Steuerkanzlei in London seit 2006. Kosten 300 EUR die Stunde.

  4. Ich weiß ja nicht, was die Volkswirte da so rechnen. Aber bei 18,8 % Rentenbeitrag, ca. 18 % Krankenkassenbeitrag, 3 % Arbeitslosenversicherungsbeitrag, BG-Beitrag, Insolvenzumlage, wird das tatsächliche Bruttogehalt ja schon annähernd mit 40 % belastet, auch wenn sich die Beiträge nicht nach dem tatsächlichen Bruttolohn, sondern nach dem ausgewiesenen Lohn richten.

    Der erwerbstätige, gering- oder nichtsteuerpflichtige Arbeitnehmer zahlt letztlich schon Steuern, wenn er mit Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren muss. Er kann oder könnte die Kosten zwar teilweise als Werbungskosten absetzen, aber die exorbitant hohen Steuersätze in Bezug auf die Mineralöl-Produkte bekommt er nicht erstattet.

    Im übrigen gilt dies auch für sämtliche Produkte, die er für seine berufliche Tätigkeit anschafft. Soweit er diese überhaupt als Werbungskosten absetzen kann, zahlt er im Regelfall immer 19 Prozent Umsatzsteuer.

    Jetzt könnte man den Mehrwert Sozialleistungen gegen rechnen. Da der Staat nur zur Existenzsicherung verpflichtet ist, also letztlich zu ALG-II und Grundsicherung, gibt es keinen garantierten Gegenwert auf die Sozialleistungen. Auch die Krankenkassenleistungen sind nicht garantiert. Und selbst die existenzsichernden Leistungen stellt der Staat häufig genug erst nach erfolgreicher Klageerhebung zur Verfügung ( Versuchen Sie mal als normaler Arbeitnehmer aus der Wirtschaft Erwerbsminderungsrente oder Unfallrente zu kriegen ! Sie müssten mindestens zwei Jahre gerichtlich streiten. Selbst in Bezug auf ALG-II müssten Sie die Klageerhebung auf „angemessene“ Leistungen als erweiterte Antragsform betrachten.)

    In der Vergangenheit hat der Staat mehrfach bewiesen, wie er die sog. Abgaben nicht im Sinne der Beitragszahler verwaltet, sondern sie nach Gutdünken verteilt. Wenn jetzt wieder zahlreiche „Fachkräfte“ die Krankenkasse belasten, manchesmal sogar die Rentenkasse.

    Außerdem gibt es quasi ein Naturgesetz, dass sich an jedem staatlichen Topf stets Schmarotzer ansiedeln. Hin und wieder bekommt der Bürger mit, wie z.B. Politiker für angebliche Vorträge in die Kassen von Stadtwerken grabschen und sich später von derartigen Leuten mit moral-speech beleidigen lassen dürfen. Das ist aber ja nur die Spitze des Eisberges. An jedem Stadtwerk schmarotzen sich z.B. Bürgermeister und andere Politspitzen als Aufsichtsratsmitglieder pp. durch. Aufgrund der Monopolstellung geht das ja auch wunderbar.

    Weil die Zweckgebundenheit von Abgaben einer weiten Interpretation unterliegt und die Leistungen im Ermessen er Politik stehen, halte ich die Unterscheidung von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern nicht mehr für realitätsnah.

    Ich verstehe im übrigen Ihre Ausführungen nicht. ALG-II-Sätze sollen angemessen sein, aber die Reallohnentwicklung ebenso ( Belastungen seien ja nicht so hoch, und Löhne können beliebig nach unten hin vereinbart werden. ) Es ist doch Dummheit, wenn Geringverdiener und Eltern mehrerer Kinder überhaupt arbeiten, wenn sie kein nennenswertes und verschleierbares Vermögen haben.

    • Der Steuerzahlerbund rechnet über makroökonomische Größen, also wie viel Staat und Sozialversicherungen insgesamt vereinnahmen, während die Leistungen nicht näher betrachtet werden. Doch auch wenn man mikroökonomisch von den einzelnen Steuer- und Beitragszahlern her rechnet, liegen die Sozialabgaben bei normalen Einkommen bei rund einem Drittel, weil der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil jeweils ca. 20 Prozent betragen, der Arbeitgeberanteil jedoch zum Bruttolohn zu addieren ist (also 40/120). Im Durchschnitt liegen sie etwas niedriger, weil auf sehr niedrige Einkommen (sowie von Selbständigen und Beamten) keine Sozialabgaben erhoben werden und diese bei sehr hohen Einkommen gedeckelt sind.

      Die Nominallöhne werden in Deutschland von den Tarifparteien (und ggf. individuell) ausgehandelt. Die Reallohnentwicklung hängt außerdem von der Zentralbank und Währung ab, wobei der Euro für deutsche Arbeitnehmer massiv nachteilig ist, ohne dass diese dies direkt bemerken.

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