Detailkritik am Satzungsentwurf

Anlässlich der ‚Einladung nach Erfurt‘ (hier im Internet) schrieb ich über den vorgelegten „Entwurf Satzung“ bereits „dieses zusammenfassende Urteil: Der Entwurf ist eine Katastrophe und einer demokratischen sowie rechtsstaatlichen Partei unwürdig.“ Dies gilt es nun näher zu belegen, wobei ich nur auf Verschlechterung im Entwurf gegenüber der geltenden Satzung eingehe. Beurteilungsmaßstab sind Rechtsstaatlichkeit, Subsidiarität und Demokratie, wie sie die AfD insbesondere in ihrem Bundestagswahlprogramm gefordert hat, z. B. konkret so:

Wir fordern mehr direkte Demokratie auch in den Parteien. Das Volk soll den Willen der Parteien bestimmen, nicht umgekehrt.

Im Folgenden benenne ich die Stellen im Satzungsentwurf, wo ich Verschlechterungen sehe, konkret weniger Rechte für die Mitglieder und unteren Gliederungen zu Gunsten insbesondere des Bundesvorstandes bzw. dessen neuen Präsidiums und Vorsitzenden. Den Entwurf einer neuen Finanz- und Beitragsordnung und mögliche Änderungen der aktuellen Satzung behandele ich in den nächsten Tagen.

§ 2 Abs. 1 Satz 1: Jede natürliche Person kann Mitglied der Partei werden, wenn sie das 14. Lebensjahr vollendet hat und die politischen Grundsätze und die Satzung der Partei anerkennt.

Momentan ist die Vollendung des 16. Lebensjahr Voraussetzung, wie es bei anderen Parteien üblich ist und angemessener zur Wahrnehmung der vollen Mitgliedschaftsrechte erscheint. Die Jugendorganisation Junge Alternative sollte ab 14 die Mitarbeit erlauben.

§ 2 Abs. 4: Personen, die Mitglied einer Organisation sind, welche durch deutsche Sicherheitsorgane in ihrer Gesamtheit oder in Teilen wegen des Verdachts extremistischer Bestrebungen beobachtet werden [sic!], können nicht Mitglied der Partei sein.

Im Gegensatz zur jetzigen Regelung lässt das keine Ausnahmen mehr zu und erstreckt sich auch auf Mitglieder von nicht entsprechend verdächtigten Teilen von Organisationen. Schlimmstenfalls ist niemand mehr Mitglied in der Partei, sobald sie oder ein Teil von ihr entsprechend beobachtet werden sollte.

§ 3 Abs. 1 Satz 2 und 3: Über Beginn und Ende der Förderschaft entscheidet das für Mitgliederaufnahme zuständige Organ in sinngemäßer Anwendung der für die Mitgliedschaft geltenden Regeln. Die Förderschaft kann jederzeit durch einen Beschluss des zuständigen Landesvorstands aufgehoben werden.

Die Sätze widersprechen einander, da die Mitgliedschaft nicht einfach durch Landesvorstandsbeschluss aufgehoben werden kann.

§ 4 Abs. 2 Satz 2: Stimmt der zuständige Gebietsverband dem Aufnahmeantrag zu, trägt er dafür Sorge, dass die Bewerberdaten unverzüglich in die zentrale Mitgliederdatei der Bundespartei eingepflegt werden und teilt dem Bewerber und dem Landesvorstand gleichzeitig mit, dass über den Aufnahmeantrag unter einem einen Monat währenden Widerspruchsvorbehalt positiv entschieden wurde.

Die Pflicht zur sofortigen Datenweitergabe an eine zentrale Mitgliederdatei gibt es bislang nicht, jedenfalls nicht in der Satzung, so wie es bislang auch keinen Widerspruchsvorbehalt gibt.

§ 4 Abs. 3: Die Mitgliedschaft beginnt, wenn der Aufnahmeantrag von dem zuständigen Gebietsverband angenommen und die Annahme nicht innerhalb eines Monats seit Eintragung in die zentrale Mitgliederdatei der Bundespartei wegen Widerspruchs eines höheren Gebietsverbandes widerrufen wurde. Bis zum Ablauf der Widerrufsfrist hat der Antragsteller das Recht zur Teilnahme an Mitgliederversammlungen und Parteitagen, jedoch kein Stimm- und Antragsrecht.

Dieses Widerspruchsrecht mit Verzögerung der Aufnahme zu Lasten von neuen Mitgliedern ist neu.

§ 4 Abs. 10 Satz 2 und 3: Sofern der Bundesvorstand zustimmt, haben Mitglieder das Recht, aus ihrem Landesverband auszuscheiden und nur Mitglied des Bundesverbands zu sein. Damit erlischt auch die Zugehörigkeit zu allen Untergliederungen des Landesverbandes.

Das gibt zwar den einzelnen Mitgliedern ein zusätzliches Recht, schwächt aber tendenziell die Gebietsverbände unterhalb des Bundesverbandes und auch die betreffenden Mitglieder, die dann dort nicht mehr vertreten sind.

§ 5 Abs. 1 Satz 1: Jedes Mitglied hat das Recht und die Pflicht im Rahmen dieser Satzung und der Satzung seines Landesverbandes die Zwecke der Alternative für Deutschland zu fördern und sich an der politischen und organisatorischen Arbeit der Partei zu beteiligen.

Eine entsprechende Pflicht, die bei strikter Auslegung eine rein passive Mitgliedschaft ausschließt, gibt es bislang nicht.

§ 5 Abs. 3 Satz 2: Der Austritt muss schriftlich oder in elektronischer Form erfolgen und an den Vorstand desjenigen Gebietsverbandes gerichtet werden, der für die Mitgliedsaufnahme gemäß §4 Abs. 1 zuständig ist.

In § 4 Abs. 1 wird diese Zuständigkeit gar nicht geregelt. Gemeint ist wohl § 4 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 6. Doch in manchen Fällen, z. B. bei Wohnsitzwechsel oder der Veränderung von Gebietsverbänden könnte es schwierig sein, den zuständigen Vorstand zu ermitteln, was den Austritt unbillig erschweren würde (gilt auch für § 6 Abs. 2 Satz 1).

§ 6 Abs. 2 Satz 3: Bis zum Eingang der Bestätigung kann die Austrittserklärung vom Mitglied zurückgenommen werden.

Das ist zwar günstig für ausgetretene Mitglieder, die es sich anders überlegen, kann aber die Mitgliederverwaltung ins Chaos stürzen, zumal der Eingang der Bestätigung und ihr genauer Zeitpunkt schwer zu beweisen sind.

§ 8 Abs. 1: Verstößt ein Mitglied gegen die Satzung, die Grundsätze oder die Ordnung der Partei oder fügt es der Partei anderweitig – etwa durch einen Ansehensverlust – Schaden zu, kann jeder zuständige Gebietsvorstand einschließlich des Bundesvorstandes mit Zweidrittelmehrheit folgende Ordnungsmaßnahmen verhängen:
a) Verwarnung
b) Verweis
c) Aberkennung der Fähigkeit, ein bestimmtes Parteiamt zu bekleiden, bis zur Höchstdauer von 2 Jahren
d) Enthebung von einem Parteiamt

Bislang müssen solche Maßnahmen (mit Ausnahme von Verwarnungen, die allein der Bundesvorstand aussprechen darf) beim zuständigen Schiedsgericht beantragt werden. Hier weren die Rechte von Mitglieder und Funktionären erheblich geschwächt, zumal auch die Beschränkungen von Ordnungsmaßnahmen im jetzigen § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 fehlen.

§ 8 Abs. 4 Satz 2: In dringenden und schwerwiegenden Fällen, die ein sofortiges Eingreifen erfordern, kann der Bundesvorstand oder der zuständige Landesvorstand das von einem Antrag auf Parteiausschluss betroffene Mitglied von der Ausübung seiner Rechte als Mitglied bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts ausschließen.

Hier fehlt die jetzige Schutzbestimmung (§ 8 Abs. 4 Satz 2), dass die Maßnahme nach drei Monaten außer Kraft tritt, wenn sie nicht vom Schiedsgericht bestätigt wurde. Potentiell können Mitglieder so über Jahre all ihrer Rechte beraubt werden (das gilt entsprechend auch für die Maßnahmen nach § 8 Abs. 1).

§ 8 Abs. 9: Verstößt ein Gebietsverband schwerwiegend gegen die Grundsätze oder die Ordnung der Alternative für Deutschland, sind folgende Ordnungsmaßnahmen gegen nachgeordnete Gebietsverbände möglich:
a) Amtsenthebung seines Vorstands
b) Auflösung des Gebietsverbands.
Als schwerwiegender Verstoß gegen die Ordnung und die Grundsätze der Partei ist es zu werten, wenn ein Gebietsverband oder ein Gebietsvorstand die Bestimmungen der Satzung beharrlich missachtet, Beschlüsse übergeordneter Parteiorgane nicht durchführt, obwohl in ihnen Ordnungsmaßnahmen angedroht wurden, oder in wesentlichen Fragen gegen die politische Zielsetzung der Partei handelt. Die Ordnungsmaßnahmen werden vom Vorstand eines höheren Gebietsverbandes mit Zweidrittelmehrheit beschlossen und treten sofort in Kraft. Die Mitgliederversammlung des die Ordnungsmaßnahme treffenden Gebietsverbandes hat die Ordnungsmaßnahme am nächsten Parteitag mit einfacher Mehrheit zu bestätigen, ansonsten tritt die Maßnahme außer Kraft. Gegen die Ordnungsmaßnahme ist die Anrufung des zuständigen Schiedsgerichts möglich. Sie hat keine aufschiebende Wirkung.

Bislang ist die Amtsenthebung kompletter Vorstände und die Auflösung von Gebietsverbänden gar nicht vorgesehen. Dadurch werden alle Vorstände und Gebietsverbände bis auf den Bundesvorstand deutlich geschwächt.

§ 9 Abs. 5 Satz 1: Hat ein Gebietsverband keinen Vorstand oder ist der gewählte Vorstand auf längere Zeit beschluss- oder handlungsunfähig, ist automatisch der Vorstand des nächsthöheren Gebietsverbandes mit den Aufgaben des Vorstands betraut.

Es ist undefiniert, was „auf längere Zeit beschluss- oder handlungsunfähig“ genau bedeutet. Es droht ein Hineinregieren in die tieferen Gliederungen.

§ 9 Abs. 6: Ein übergeordneter Gebietsvorstand kann zu einer Mitgliederversammlung oder einem Parteitag eines untergeordneten Gebietsverbandes einladen. Dabei sind sinngemäß die in der Satzung des untergeordneten Gebietsverbandes festgelegten sonstigen Bestimmungen anzuwenden.

Dies ist noch viel weitergehend, da es an keine weitere Bedingung geknüpft ist, also auch bei einem funktionierenden Vorstand des untergeordneten Gebietsverbandes jederzeit möglich ist.

§ 11 Abs. 1: Der Bundesvorstand besteht aus dem Vorsitzenden, vier stellvertretenden Vorsitzenden, sechs Länderkoordinatoren sowie mindestens zwei weiteren Mitgliedern. Der geschäftsführende Vorstand (Präsidium) besteht aus dem Vorsitzenden und den vier
stellvertretenden Vorsitzenden.

Vielleicht ist ein Vorsitzender wirklich besser, doch es ist zentralistischer als mindestens zwei (faktisch drei) Sprechern wie jetzt, was auch für das neue Präsidium gilt.

§ 11 Abs. 2: Die vier stellvertretenden Vorsitzenden sollen insbesondere für folgende Aufgabenbereiche zuständig sein:
a) Der Programmvorstand ist zuständig für die Programmatik der Partei.
b) Der Medienvorstand ist zuständig für die Medienarbeit der Partei unter Einschluss der sozialen Medien.
c) Der Mitgliedervorstand ist zuständig für die parteiinterne Kommunikation.
d) Der Finanzvorstand ist zuständig für die Finanzen der Partei.
Die Stellvertretung des Vorsitzenden wird in der Reihenfolge a) bis d) wahrgenommen, sofern der Vorstand nicht eine abweichende Stellvertreterregelung beschließt.

Die genaue Aufgabenverteilung schränkt den Spielraum des Parteitages ein, was auch für die Möglichkeit abweichender Vertretungsregelungen durch Vorstandsbeschluss zutrifft.

§ 11 Abs. 3 Satz 1 bis 4: Die sechs Länderkoordinatoren sollen für die folgenden Landesverbände bzw. Gruppen von Landesverbänden zuständig sein:
(a) Landesverbände Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg, Niedersachsen (Gruppe Nord)
(b) Landesverbände Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin (Gruppe Ost)
(c) Landesverbände Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland (Gruppe Mitte)
(d) Landesverband Nordrhein-Westfalen
(e) Landesverband Baden-Württemberg
(f) Landesverband Bayern
Kandidaten für die Länderkoordinatoren werden von den Landesvorsitzenden oder Sprechern der betroffenen Verbände vorgeschlagen. Weitere Vorschläge aus der Versammlung sind zulässig. Es ist erwünscht, dass die Vorgeschlagenen stimmberechtigte Mitglieder in einem der betroffenen Landesvorstände sind.

Auch dies schränkt die freie Wahl durch den Parteitag ein.

§ 11 Abs. 3 Satz 7: Das kooptierte Mitglied hat im Bundesvorstand kein Stimmrecht und ist kein Bundesvorstandsmitglied im Sinne des §11 Abs. 2 des Parteiengesetzes.

Auch kooptierte Bundesvorstandsmitglieder gehören dem Vorstand an und eine gesetzliche Bestimmung lässt sich durch Negieren ihrer Anwendbarkeit nicht einfach aushebeln (ebenso Abs. 7 Satz 2 und § 12 Abs. 12 Satz 2).

§ 11 Abs. 5: Der Vorstand kann mit einfacher Mehrheit beschließen, die in den Absätzen 2, 3 und 4 beschriebenen Zuständigkeiten anders zu verteilen.

Dadurch ist der Vorstand hier stärker ermächtigt als der Parteitag (ebenso Abs. 5).

§ 11 Abs. 10 Satz 1 und 2: Auf Antrag des Bundesvorsitzenden kann der Bundesparteitag beschließen, weitere Vorstandsmitglieder mit oder ohne festgelegten Aufgabenbereich zu wählen. Die Anzahl der zusätzlich zu wählenden Vorstandsmitglieder muss im Antrag des
Bundesvorsitzenden benannt werden.

Dies bevorrechtigt den Vorsitzenden gegenüber dem Parteitag, der jetzt die Zahl der zu wählenden Vorstandsmitglieder festlegt.

§ 11 Abs. 13 Satz 1: Der Bundesvorstand bleibt bis zur Wahl eines neuen Bundesvorstands im Amt.

Das ist deutlich stärker als die kommissarische Fortführung nach Ablauf der Amtszeit in  der jetzigen Satzung.

§ 12 Abs. 2 Satz 2 und 3: Der Bundesvorstand kann in eiligen Angelegenheiten durch das Präsidium vertreten werden. Diese Entscheidungen des Präsidiums müssen dem Bundesvorstand unverzüglich bekannt gegeben werden, soweit es sich um Angelegenheiten von politischer Bedeutung handelt.

Im Grunde kann damit das Präsidium den Restvorstand komplett von allen Entscheidungen ausgrenzen.

§ 12 Abs. 3 Satz 1 und 2: Der Bundesverband wird durch zwei Mitglieder des Bundesvorstands, darunter mindestens ein Mitglied des Präsidiums, gemeinsam gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Sofern der Vorstand nicht eine andersartige Regelung beschließt, kann der Vorsitzende in Fällen besonderer Dringlichkeit allein vertreten.

Die Regelung insbesondere im ersten Satz erscheint sinnvoll, ist aber trotzdem eine weitere Machtkonzentration.

§ 12 Abs. 11 [Abs. 4 bis 8 fehlen]: Der Bundesvorstand beruft ein Mitglied der Partei zum Bundesschatzmeister und beruft ihn ggf. wieder ab. Der Bundesschatzmeister ist für alle finanziellen Angelegenheiten der Bundespartei einschließlich der Spendenakquise zuständig. Der Bundesschatzmeister berichtet dem Bundesvorstand und dem Finanzvorstand regelmäßig und umfassend über alle finanziellen Angelegenheiten der Partei.

Gegenwärtig wird der Schatzmeister vom Parteitag in den Vorstand gewählt, was viel sinnvoller ist als ein Bundesschatzmeister unterhalb des Vorstandes, der von ihm und einem Finanzvorstand darin abhängig ist.

§ 12 Abs. 14: Der Bundesvorstand kann mit einfacher Mehrheit beschließen, einen Bundesparteitag zur Neuwahl des Bundesvorstands einzuberufen. In diesem Fall endet die Amtszeit aller Bundesvorstandsmitglieder mit der Neuwahl des Bundesvorstands.

Das mag sinnvoll sein, schwächt jedoch die einzelnen vom Parteitag gewählten Vorstandsmitglieder im Verhältnis zur Vorstandsmehrheit.

§ 12 Abs. 15 Satz 2: Die Aufnahme von Darlehen ist zulässig, solange der gesamte Schuldendienst der Partei langfristig tragfähig ist und in jedem Jahr nicht mehr als 25% der zu erwartenden Einnahmen der Partei beansprucht.

Das ist viel lockerer als die gegenwärtigen Regelungen (in der Satzung sowie Kassen- und Beitrags- bzw. Finanzordnung).

§ 12 Abs. 16: Der Bundesvorstand ist neben dem zuständigen Landesvorstand berechtigt, nach § 21 Abs. 4 Bundeswahlgesetz und § 10 Abs. 4 Europawahlgesetz gegen den Beschluss einer Mitglieder- oder Vertreterversammlung über die Bewerberaufstellung Einspruch zu erheben.

Das gibt dem Bundesvorstand ein starkes zusätzliches Recht und schwächt die Landesverbände.

§ 14 Abs. 3: Der Bundesvorstand kann für die Teilnahme an Mitgliederparteitagen die Erhebung einer Tagungsgebühr beschließen. Die Tagungsgebühr darf nicht höher sein als es zur Deckung der zu erwartenden Kosten des Parteitags geboten erscheint.

Das kann Mitglieder aus finanziellen Gründen von der Teilnahme ausschließen, zumal keine Regelung zur Begrenzung der Kosten existiert. Jetzt werden die direkten Kosten vom Bundesverband getragen, während die eigenen Reisekosten schon für viele abschreckend wirken können.

§ 14 Abs. 4 Buchstabe b) Satz 3: Der Proportionalitätsfaktor zwischen Delegierten und Mitgliedern (hier 1:50) kann vom Bundesvorstand per Beschluss angepasst werden, um bei Veränderungen im Mitgliederbestand sicherzustellen, dass die Anzahl der Delegierten zwischen 250 und 500 liegt.

Das dürfte § 13 Satz 1 Parteiengesetz widersprechen, wonach die Zusammensetzung der Vertreterversammlung in der Satzung festzulegen ist, während hier grundlos (da Mitgliederparteitage viel größer sein können) eine Vorstandsermächtigung erfolgt.

§ 14 Abs. 5: Die Delegierten für den Bundesparteitag werden von den Landesparteitagen gewählt, sofern die Landessatzung nichts Gegenteiliges bestimmt.

Auch das ist nicht klar bestimmt und kann zu auf unterschiedliche Weise gewählten Delegierten führen.

§ 14 Abs. 6 Satz 1: Die Delegierten sind dem Bundesvorstand von den jeweiligen Landesverbänden mit einer Frist von drei Wochen vor dem Datum, zu dem die Einladung zum Bundesparteitag ergehen soll, mitzuteilen.

Das legt die Meldefrist weit nach vorne und lässt sie unbestimmt, da noch gar nicht eingeladen wurde und die Landesverbände damit die Frist nicht unbedingt kennen.

§ 14 Abs. 10: Bei parteiinternen Wahlen kann der Bundesparteitag entscheiden, dass von einer mündlichen Vorstellung von Kandidaten auf dem Parteitag abgesehen wird, wenn diese Gelegenheit hatten, sich mindestens zwei Wochen lang mit einer elektronischen Vorstellung im Internet zu präsentieren. Der Bundesparteitag kann in diesem Fall auch entscheiden, welchen Kandidaten ein mündliches Vorstellungsrecht gegeben werden soll und welchen nicht.

Das verschlechtert die Möglichkeit zur Kandidatur normaler Mitglieder erheblich.

§ 14 Abs. 11: Der Bundesparteitag kann mit Zweidrittelmehrheit den Bundesvorstand oder einzelne seiner Mitglieder abwählen. Ein Antrag auf Abwahl kann nur gestellt werden, wenn er´mindestens drei Wochen vor Beginn des Bundesparteitages beim Bundesvorstand
eingegangen ist und von mindestens fünf Prozent der stimmberechtigten Mitglieder oder im Falle eines Delegiertenparteitags von mindestens fünf Prozent der Delegierten namentlich unterstützt wird. Der Bundesvorstand hat unverzüglich alle stimmberechtigten
Mitglieder bzw. Delegierten auf den Eingang eines Antrags auf Abwahl hinzuweisen.

Zweidrittelmehrheit ist geringer als die Dreiviertelmehrheit in der jetzigen Satzung, aber vielleicht trotzdem unzulässig hoch (da Vorstandsmitglieder im Amt blieben, selbst wenn eine absolute Mehrheit dagegen ist). Vor allem gibt es jetzt kein Quorum zur Antragstellung, die dadurch deutlich erschwert wird.

§ 14 Abs. 13 Satz 2: Über einen Antrag auf Satzungsänderung kann nur abgestimmt werden, wenn er spätestens zwei Wochen nach Versand der Einladung zum Bundesparteitag beim Bundesvorstand eingegangen ist und dies im Wortlaut vom Bundesvorstand, einem Landesvorstand oder von fünf Prozent der stimmberechtigten Mitgliedern [sic!] des Parteitags beantragt wurde.

Das Quroum steigt ungemein von fünf Mitgliedern auf fünf Prozent, wobei die Grundgesamtheit unbestimmt ist. Grundsätzlich stimmberechtigt sind alle Mitglieder, zumindest bei einem Mitgliederparteitag, während die Zahl der anwesenden Mitglieder beim Parteitag vorher unbekannt ist.

§ 14 Abs. 26: Der Bundesparteitag kann auf Vorschlag des Bundesvorstandes Ehrenvorsitzende auf Lebenszeit als Vorstandsmitglieder kraft Satzung wählen; sie haben Sitz und beratende Stimme in allen Organen der Bundespartei.

Das dürfte gegen das Parteiengesetz verstoßen. Ehrenvorsitzende sind in Ordnung, aber nicht „auf Lebenszeit als Vorstandsmitglieder kraft Satzung“.

§ 15 regelt den Konvent auf zweifelhafte Weise. Doch ob dies eine Verschlechterung ist, lässt sich momentan nicht entscheiden, weil es dieses Gremium bislang (zumindest satzungsmäßig) überhaupt nicht gab und auch seine Kompetenzen recht unklar sind. Entsprechendes gilt für die Vereinigungen (§ 16), Expertenbeiräte (§ 17) und Bundesprogrammkommission sowie Bundesfachausschüsse (§ 18).

§ 22 Abs. 1 Satz 2: Für unwirksame oder nichtige Bestimmungen kann der Konvent bei eilbedürftigen Angelegenheiten eine Ersatzregelung beschließen.

Der Konvent kann unmöglich Ersatzregelungen zur Satzung beschließen.

Die Übergangsbestimmungen erscheinen unzulässig. Denn Vorstandsämter können nicht entgegen der alten und neuen Satzung nur durch den Vorstand neu vergeben werden. Entweder muss der alte Vorstand zurücktreten bzw. abgewählt werden oder kann die neue Vorstandsstruktur jetzt noch nicht angewandt werden.

29 Gedanken zu „Detailkritik am Satzungsentwurf

  1. Ich freue mich über Ihren Sachverstand . Ich versichere Ihnen , alles für eine Ablehnung der “ neuen “ Satzung zu tun , Diese Form wird es nicht geben .

    Grüße aus Bochum
    Wolfgang Demolsky

  2. Jetzt wäre die Frage, ob man den Antrag auf Satzungsänderung komplett ablehnen und/oder einen Gegenantrag auf Satzungsänderung einbringen soll. Mir erscheint es am vernünftigsten, eine Ersatzlösung anzubieten, die auch Teile der Fassung einschließt, die in dem vorliegenden Entwurf gewollt sind.

    • Mir erscheint es sinnvoller, einzelne Satzungsänderungsanträge zu konkreten Punkten der geltenden Satzung zu stellen als komplette Gegenentwürfe. Es ist auch folgende Asymmetrie zu bedenken: Für die Ablehnung genügt ein Drittel der Mitglieder in Erfurt, für den Beschluss einer neuen Satzung benötigt man eine Zweidrittelmehrheit.

      • Damit haben Sie wahrscheinlich recht. Habe jetzt alle Ihre Kritikpunkte durchgelesen.

        An etwa der Hälfte kann ich nichts auszusetzen finden, andere sind ihrem Geist nach sinnvoll und nur falsch formuliert. Insgesamt ist dieser Entwurf eben die Lehre aus dem ersten Jahr dieser Partei. Kredit aufzunehmen, war in der bisherigen Satzung unnötig erschwert; auch jetzt ist die Sache mit den 25% noch zu einschränkend. Wir müssen nun mal das Geld, das wir nächstes Jahr kriegen, schon in diesem Jahr verwenden, andererseits sollten wir es ggf. auch schneller zurückzahlen können, als es mit max. 25% der Jahreseinnahmen möglich ist.

        Gut finde ich, daß der Schatzmeister dem Bundesvorstand unterstellt ist und damit nicht mehr ein Vorstandsmitglied unter gleichen ist, sondern durch seine Stellung auf zweiter Ebene auch formal die Verantwortlichkeit gegenüber dem Vorstand zum Ausdruck kommt.

        Sehr gut finde ich die Aufgabenverteilung der Stellvertreter. Also, daß es eine solche gibt, darunter vor allem auch einer, der für die Mitgliederkommunikation zuständig ist. Nicht so geschickt finde ich die Aufteilung der Ländergruppen auf die Länderkoordinatoren, insbesondere für b. Hier wird einfach das Gebiet der ex-DDR zu einer Einheit zusammengefaßt und die Ost-Zone als solche weiter am Leben erhalten. Mecklenburg gehört zu Nord, Thüringen zur Mitte!

        Was mich am meisten stört ist §12 (2). Denn was sind denn „eilige Angelegenheiten“. Doch meistens irgendwas, was die Länder betrifft. Und gerade da sollte nicht auf eine qualifizierte Anzahl an Ländervertretern verzichtet werden, ebenso nicht auf den einzigen Beisitzer, der wohl noch vorgesehen ist.

        Insgesamt hatte ich nach Ihrem einleitenden Prädikat „Katastrophe“ aber viel schlimmeres erwartet.

      • Viel Schlimmeres kommt vielleicht noch in Form von Einzelanträgen, die Herr Professor Lucke plant. Doch schon hier kann man über die meisten Einzelregelungen zwar diskutieren, aber in ihrer Gesamtheit gehen sie alle in eine Richtung, nämlich mehr Zentralisierung bzw. mehr Macht für den Bundesvorstand, dessen Präsidium und den neuen Bundesvorsitzenden, während die Rechte der normalen Mitglieder und unteren Gliederungen beschnitten werden. Wie passt das zu der Forderung nach mehr Demokratie auch in Parteien? Hinzu kommen Verstöße gegen das Parteiengesetz (die von Ihnen begrüßte Degradierung des Schatzmeisters könnte auch dazu gehören), die nicht zu der Forderung nach mehr Rechtsstaatlichkeit passen.

  3. Prof. Dilger, Ihre Kritik ist aber teilweise auch in sich widersprüchlich. Wenn zB. Einzelanträge von Prof. Lucke kommen, dann werden die ja mehreren tausend Mitgliedern zur Entscheidung vorgelegt. Und Leute wie Sie können ebenso eloquente Gegenreden halten. Und dann wird sich zeigen, wieviel die so hochgeschätzte Basisdemokratie wert ist.
    Natürlich ist mir die Stoßrichtung nicht entgangen, aber mir sind praktikable Lösungen wichtiger als das Prinzip der Demokratie um seiner selbst willen. Die bisherige Satzung hatte ihre Schwächen und das 1jährige Parteileben hat uns Erfahrungen gebracht, die in diese neue Satzung eingearbeitet wurden. Bei vielen neuen Paragraphen hatten die Autoren mit Sicherheit das Chaos in Hessen vor Augen und exakt dagegen haben sie angeschrieben. Verstöße gegen das Parteiengesetz wird man sicherlich noch durch Überarbeitung vermeiden können, aber grundsätzlich sehe ich vor allem ein Bemühen um Einheit und Geschlossenheit in diesen neuen Regelungen.

    • Natürlich wird über den Satzungsentwurf abgestimmt, übrigens auf Grundlage der bisherigen Satzung. Trotzdem kann doch der Inhalt des Entwurfs für die neue Satzung viel weniger demokratisch sein als die alte. Das Chaos in Hessen hatte übrigens viel mit Herrn Lucke zu tun, so dass man nur deswegen seinen Einfluss eher schwächen als stärken sollte. Doch dass er alleiniger Vorsitzender werden möchte, finde ich sogar nachvollziehbar, dann aber bitte auf sauberem Wege, also Neuwahl des Vorstandes durch den Parteitag.

    • Selten so einen Blödsinn gelesen! Die Satzungs-AG, die sich monatelang mit diesem Thema beschäftigt hat, wurde innerhalb eines Tages abberufen und die Parteiführung hat die Satzungsänderung auf eigenes Geheiß initiiert. Da ist nichts von „Erfahrungen des ersten Jahres“ oder „Experten“. Das ist Machterhalt, wenn man in Brüssel sitzt! Wer das anders sieht, versteht die Zusammenhänge nicht und sollte besser jene urteilen lassen, die a) mehr Fachkenntnis haben und b) mehr Hintergrundinformationen.

  4. Ähnliches gilt auch für die NRW-Landessatzung.
    Man stelle sich einmal vor. Da möchten Parteimitlieder einen Ortsverband gründen, um an den Kommunalwahlen teilnehmen zu können, und der Kreisparteitag untersagt dies, wobei der Kreisvorstand bereits vor der Abstimmung per E-Mail die Richtung vorgibt. Ich nenne das undemokratisch, ist aber wohl mit der NRW-Landessatzung vereinbar. Trotzdem werde ich mich kommunalpolitisch engagieren und für eine freie Wählergemeinschaft kandidieren, die in keinster Weise in Konkurrenz zur AfD (wie auch) steht. Droht jetzt eigentlich der Parteiausschluss oder muss ich jetzt wider Willen für 5 Jahre als Zaungast in die APO? Aber Offensichtlich ist das so gewollt. Lieber Friedhofsvorstände in den Kreisen als unabhängige Ortsverbände, die man möglicherweise nicht kontrollieren kann. Subsidiarität sieht anders aus. Ich finde das bedauernswert und passt nicht zu einer demokratischen Partei wie die AfD.

    • Der Kreisparteitag muss Ihnen gar nicht die Gründung eines Ortsverbandes untersagen, da diese in NRW satzungsgemäß überhaupt nicht zulässig ist. Sie müssten also erst den Antrag auf Satzungsänderung stellen. Wenn Sie für eine Wählergemeinschaft kandidieren und werben, können Sie dafür ausgeschlossen werden. Demokratie bedeutet nicht, dass man die mit qualifizierter Mehrheit beschlossenen Satzungen einfach ignorieren darf.

  5. Dieser Beitrag hätte es verdient von jedem AfD-Mitglied gelesen werden zu können, so wie das z.B. in einem bundesweiten Mitgliederforum der Fall sein könnte. Aber so etwas wird uns ja vom Bundesvorstand von Anbeginn vorenthalten, und die wissen schon warum.
    Aber vielleicht gelingt es ja in der noch verbleibenden Zeit eine größtmögliche Verbreitung dieser Thematik zu erreichen.
    Auf jeden Fall vielen Dank für diese / Ihre Arbeit und Mühen in diesem Zusammenhang.

  6. Auf genau diese Analyse habe ich gewartet, lieber Professsor Dilger. Ich danke Ihnen recht herzlich, dass Sie Sich diese Mühe gemacht haben, den Antrag zu entschlüsseln, um ihn auch für nicht satzungsfeste Normalmenschen verständlich zu machen. Dem ein oder anderen wird vermutlich erst jetzt bewusst, in welchen Bereiche der Parteiarbeit und Organisation dieser neue Satzungsentwurf direkt oder indirekt zu Veränderungen führen wird. Die unmittelbaren Konsequenzen für alle Mitglieder und Gliederungen sollten jetzt allen bewußt sein.

  7. Jetzt werden die Grundlagen für unsere Zukunft geschaffen – man kann es nicht jeden recht machen .Wichtig ist aber das wir ungestört ohne Gängelei von oben, an der Basis arbeiten können. Dies bezieht sich speziell für die Kreis/ Ortsverbände – wie und wo sollen denn sonst neue Mitglieder geworben werden. Danke für die klaren Worte von Cassandra. Eine Satzung soll so klar geschrieben sein das sie sich selbst erklärt. Wir haben doch genügend Vorlagen von den anderen Demokratischen Parteien in die wir nur mal reinschauen brauchen und mit unserem Entwurf als was anderes kann man das ja nun nicht bezeichnen, vergleichen. Also ablehnen und an die AG Satzungsänderung zurück verweisen der einen alternativen Vorschlag erarbeiten soll.
    Wir sind das Volk.

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  16. Da sich der Preussische Anzeiger auch explizit auf diesen Blog bezieht: Soll die Überschrift unkommentiert bleiben? Das würde zu denken geben. Die Sorge um die demokratische Verfasstheit der AfD deckt solche Formulierungen nicht ab.

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