Bundesverfassungsgericht erlaubt sanktionsloses Falschparken

Das Bundesverfassungsgericht hat ein folgenschweres Urteil zu Parkverstößen gefällt. Der Halter muss demnach nicht für Parkverstöße mit seinem Kraftfahrzeug haften, wenn er nicht zugibt und ihm auch nicht nachgewiesen werden kann, dass er sie selbst begangen hat. Damit sind nicht nur fast alle Knöllchen für Parkverstöße hinfällig, sondern auch die Parkregeln selbst, da deren Missachtung faktisch nicht mehr sanktioniert werden kann. Das gilt zumindest für Erstverstöße, nach denen die Pflicht zum Führen eines Fahrtenbuches auferlegt werden kann, die tatsächlich schwerer wiegen könnte als ein Verwarnungsgeld für kurzzeitiges Falschparken.

Dem Bundesverfassungsgericht habe ich öfter Fehlurteile vorgeworfen (zuletzt ‚Bundesverfassungsgericht winkt Umgehung seines eigenen Urteils zu Sperrklausel bei Europawahlen durch‘). Doch im konkreten Fall hat das Gericht offensichtlich richtig entschieden und die Grundrechte geschützt (allerdings wieder einmal eher von wahrscheinlichen Tätern als von deren Opfern). Dafür sollte der Gesetzgeber nachbessern und für Parkverstöße direkt und explizit den Halter haftbar machen, gegebenenfalls mit der zivilrechtlichen Möglichkeit, einen abweichenden Fahrer in Regress zu nehmen. Denn das falsch abgestellte Fahrzeug selbst stört und der Halter trägt die Verantwortung für das Fahrzeug, während im fließenden Verkehr ein schlechter Fahrer das Problem ist, nicht das Fahrzeug, weshalb der Halter dafür weiterhin nicht pauschal haften sollte.

20 Gedanken zu „Bundesverfassungsgericht erlaubt sanktionsloses Falschparken

  1. Ihre Abneigung gegen Falschparker wegen Ihres Bedarfs an Übungsstrecken für Ihre Marathon-Läufe ist bekannt, hat anscheinend auf Gemeinde-Ebene nicht durchgeschlagen und wird von mir ausdrücklich nicht geteilt.. Es ist ja nicht so, dass der Fahrzeughalter gänzlich ungeschoren davonkommt; er hat immerhin eine Bearbeitungsgebühr zu blechen (angeblich 23,50 €). Bevor unser Mautversager Scheuer die Bußgelder bei Parkverstößen so maßlos erhöht hat, war die Direkt-Begleichung des Knöllchens ja noch ein Schnäppchen. Der Handwerksmeister, der seine Gesellen in die Innenstädte zur Reparatur entsendet, kann nicht für deren Parkverstöße mit Bußgeldern überzogen werden; er muss auch nicht nachforschen, wer von diesen Gesellen das Fahrzeug gerade abgestellt hat. Und die Umsetzung Ihres Vorschlages für den Gesetzgeber könnte wieder beim BVerfG scheitern.

    • Als Läufer suche ich mir Nebenstrecken mit wenig oder besser noch gar keinen Autos. Bei zugeparkten Gehwegen habe ich auch kein Problem damit, auf der Straße zu laufen. Für meine Kinder sieht das ganz anders aus. Sie könnten allein sicher zur Schule gehen, wenn nicht auf dem Gehweg willkürlich geparkt und gefahren würde, häufig durch rücksichtslose Eltern von anderen Kindern.

      Es lässt tief blicken, dass Sie nichts gegen millionenfachen Rechtsbruch haben, der schwächeren Verkehrsteilnehmern massiv schadet bis hin zu tödlichen Unfällen. Gerade was Handwerksmeister und Lieferdienste angeht, so handeln die Gesellen und Fahrer doch eindeutig in deren Auftrag. Im Grund handelt es sich um systematischen gewerblichen Rechtsbruch, der viel strenger verfolgt werden sollte als Privatpersonen, die einmal falsch parken.

      • Es verwundert, daß Sie so autofeindlich urteilen, wo Sie doch sonst sogar was dagegen haben, wenn das Tempo auf 150 gedrosselt wird – am Motor oder auf der Autobahn. Hier:

        https://www.bz-berlin.de/meinung/kolumne/kolumne-mein-aerger/parkverbot-wohnstrassen

        … kann man nachlesen, daß ein neues Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum ersatzlosen Wegfall Hunderter von Parkplätzen in Berlin führen wird, und die Deutsche Umwelthilfe ist mal wieder dabei in dieser neuen Schlacht im Krieg gegen das Auto. Dabei sieht man auf dem Foto, daß der Gehweg breit genug ist, auch für Kinder, Jogger etc. Und Berlin ist leider überall.

        Genug von diesem Mist!

      • In einem Rechtsstaat sollte immer das Recht eingehalten werden, insbesondere von der Exekutive und auch der Judikative. Wenn das Recht nicht gut ist, sollte es von der Legislative geändert, aber nicht einfach gebrochen werden.

        Was die Güte des Rechts angeht, so war diese in Deutschland früher im Schnitt besser und viele Rechtsänderungen sind politisch motiviert und führen eher zu Verschlechterungen. Es ist doch keineswegs autofeindlich, dass knappe Parkplätze bewirtschaftet werden und ein Zahler für knappen Parkraum diesen eher verdient als ein Nichtzahler.

        Es ist auch nicht autofeindlich, wenn Fußgängern hinreichend Platz auf den Gehwegen verbleibt und Radwege nicht zugeparkt werden. Berlin hat oft sehr breite Bürgersteige, auf denen das Parken durchaus erlaubt werden könnte, doch in dieser Hinsicht ist Berlin leider nicht überall. Wollen Sie wirklich, dass Kinder, Kinderwagen und Rollstuhlfahrer ständig auf die Straße ausweichen müssen? Wenn sich jeglicher Verkehr auf der Straße abspielt wie in etlichen südlichen Ländern, dürfen die Autos natürlich nicht mehr so schnell fahren und auf der Straße auf Vorrang beharren.

  2. In fast allen EU Ländern glt die Halter Haftung, sodass kein Lamentieren „ich war es nicht“ in der Sache hilft. Die Behörden Italiens informieren ganz einfach sinngemäß „wenn Sie das Bußgeld für … nicht zahlen, werden wir bei Ihrem nächsten Italien Besuch Ihr Fahrzeug stilllegen“. Damit ist der Sachverhalt geklärt und – falsch Parken oder 20 km zu schnell ist dort richtig teuer.

    Unsere Fahrerhaftung lädt geradezu ein, dass Anwaltskanzleleien mit dem Spruch werben „Zu schnell, zu rot, zu blau – dann sind Sie ein Fall für unsere Hilfe…“. Welch ein Unsinn. Folge da mal wieder Ihrem Ansatz: Halterhaftung.

    • @Willi Knaup: Eine große Fehlentwicklung in einem Rechtsstaat ist sehr lückenhafte Rechtsverfolgung, aber in Kompensation dazu „im Erfolgsfall“ gnadenlose und (sozial) ungerechte Rechtsdurchsetzung. Und genau dafür ist z.B. Italien berüchtigt.. Lieferverkehr und andere Dienstleistungen in Ballungsgebieten würden empfindlich gestört, wenn nicht Ordnungskräfte bei Verstößen im ruhenden Verkehr ein Auge zudrücken.

      • Vielleicht sollten die Strafen weniger hoch und willkürlich sein, doch Lücken in der Rechtsdurchsetzung sprechen nicht dafür, ganz darauf zu verzichten, sondern für ein Schließen der Lücken. Wenn die geltenden Regeln nicht mehr zum heutigen Lieferverkehr oder auch dem Anwohnerparken passen sollten, wäre eine Regeländerung sinnvoll, nicht das Hinnehmen von millionenfachem Rechtsbruch, um Einzelne dann doch wieder willkürlich zu bestrafen. So dürfen Lieferwagen z. B. durchaus kurz auf der Straße halten, aber eben nicht auf dem Geh- oder Radweg. Vielleicht sollte Anwohnerparken mit zwei Rädern auf dem Gehweg legalisiert werden, WENN der Gehweg breit genug ist, dass dann immer noch ein Kinderwagen (besser zwei) passieren kann. Wenn nicht, sollte aber am besten gleich abgeschleppt werden, insbesondere da laut Bundesverfassungsgericht Knöllchen zukünftig gar nicht mehr bezahlt werden müssen.

    • Es ist schon absurd, ein generelles Verbot der Halterhaftung aus dem Grundgesetz abzuleiten. Allerdings ist es richtig, dass der Gesetzgeber nachbessern und die Halterhaftung bei Parkverstößen direkt ins Gesetz schreiben sollte.

  3. Vor drei Wochen wurde ich zum erstenmal in meinem Leben bei einer Polizeikontrolle angehalten. Es war das Auto meiner Frau, die neben mir saß. Das Fahrzeug war ihr Fahrzeug. Ich musste aussteigen und man verlangte Ausweis und Führerschein. Den Führerschein hatte ich nicht dabei. Ich ahnte Böses. Eine Polizistin tipptete etwas in ihr laptop und sagte dann, dass ich bitte beim nächstenmal den Führerschein mitführen müsse. Ich war begeistert, dass es noch so etwas menschliches gibt. Dieses Verhalten der Polistin war für mich so belehrend, dass ich den Führerschein wohl nicht mehr vergessen werde.

    • Wenn Sie bei dieser Gelegenheit statt Ihres Personalausweises Ihre AfD-Mitgliedskarte vorgezeigt hätten, wäre diese Begegnung anders verlaufen.

      • Wie kommen Sie darauf, dass ich AfD Mitglied bin? Wenn es ein Scherz von Ihnen war, mache ich mir trotzdem Gedanken.

  4. Das BVerfG führt u.a. aus: „. . .Angesichts der dargestellten zwischenzeitlich einhelligen Auffassung in Literatur und fachgerichtlicher Rechtsprechung zum unzureichenden Beweiswert [aus] der Haltereigenschaft . . .“ .Insoweit ist mir bislang unverständlich, dass eine spezialgesetzliche Regelung nun rechtssicher zu einer anderen Beweisführung finden soll. Die bisherige Gesetzeslage ist nicht zahnlos; der Halter bezahlt die Bearbeitungsgebühr und setzt sich bei wiederholten anonymen Parkverstößen der Auflage zur Führung eines Fahrtenbuches aus „Millionenfacher Rechtsbruch“ bei Parkverstößen war bisher ohne Toleranzschwellen nicht in den Griff zu bekommen und wird es auch künftig nicht sein.

    • Das Gesetz stellt bislang auf die Person ab, die den Parkverstoß begeht und deren Identität in der Regel nicht festgestellt werden kann (selbst wenn man wartet, bis jemand mit dem falsch geparkten Fahrzeug wegfahren will, könnte diese Person behaupten, dass sie das Fahrzeug dort nicht abgestellt hat, also keinen Rechtsbruch beging, sondern diesen im Gegenteil beendet, wobei das Fahren über den Geh- oder Radweg gegebenenfalls als eigenständiger Verstoß geahndet werden könnte). Durch eine Gesetzesänderung könnte der Halter direkt verantwortlich gemacht werden, so dass sich diese Art von Beweisproblem nicht stellt.

      Bei Verwarnungsgeldern wird in der Regel gar keine zusätzliche Bearbeitungsgebühr erhoben und bei Bußgeldern muss man eine solche auch nur zusammen mit dem Bußgeld zahlen. Wenn ein Halter nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, zahlt er also gar nichts. Das Führen eines Fahrtenbuches wird erst nach mehreren Verstößen verlangt und auch dann nicht zeitlich unbegrenzt, so dass noch viel mehr Parkverstöße ungeahndet bleiben als ohnehin schon. Entsprechend sind viele Geh- und Radwege zugeparkt, was Sie offensichtlich auch noch begrüßen.

      • Bei Parkverstößen greift in solchen Fällen die Halterkostentragungspflicht nach § 25a StVG. Ich zitiere aus HAUFE: „Die Vorschrift stellt eine Kostenregelung dar. Sie enthält keine Sanktion mit strafähnlichem Charakter. Sie knüpft in verfassungsrechtlich zulässiger Weise an die verkehrsrechtliche Verantwortlichkeit des Halters für den Betrieb seines Fahrzeugs und die dadurch verursachten Verkehrsverstöße an. Eine Zuweisung von Schuld findet nicht statt. Voraussetzung der Kostentragungspflicht des Halters ist allerdings, dass ein Halt- oder Parkverstoß objektiv festgestellt worden ist.“ Das Beweisproblem stellt sich mit Ihrem Ansinnen nicht, wohl aber das der Verfassungsmäßigkeit – wie es doch auch der obergerichtlichen Rechtsprechung zu entnehmen ist.

      • Bei dem Urteil ging es doch offensichtlich um ein Verwarnungsgeld, nicht ein Bußgeldverfahren mit separaten Verfahrenskosten, die allerdings auch regelmäßig unter dem Bußgeld liegen und vor allem keinen Punkt in Flensburg beinhalten.

      • Wir reden aneinander vorbei: Es geht nicht um die Nebenkosten im OWI-Verfahren, vielmehr darum, wie auch Ihr (vermute ich) Beinahe-Parteifreund RA Reinhard Wilhelm von der Familienpartei ausführt, um „Halter, die den verantwortlichen Fahrer nicht nachhalten oder nicht offen legen, haften für den entstandenen Verwaltungsaufwand“

      • Es geht explizit nur um die Verwaltungskosten im Bußgeldverfahren, die dann natürlich auch nicht höher angesetzt werden dürfen als in dem Verfahren selbst. Man zahlt also auf jeden Fall weniger und bei einem Verwarnungsgeld wie im vorliegenden Fall gar nichts.

  5. In der autofeindlichen Grundstimmung, die von den Linksgrünen in alle Systemparteien hinein durchgedrückt wurde, werden die Parkplätze immer weniger. Mal stehen dort jetzt Altglascontainer, mal Blumenkübel, oder sie mussten für eine Fahrradspur weichen. Wo man noch parken darf, ist es sauteuer. Ich liebe Deutschland, aber ich verachte diesen von Linksgrünen gekaperten Staat. Daher gefällt mir dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts und es ist gut, mit juristischen Mitteln diesem Scheiß-Staat Sand in sein linksgrünes Getriebe zu kippen.

    • Sind Sie nie zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs? Auch ehrliche Autofahrer werden geschädigt, wenn andere dauerhaft knappe Parkplatze belegen, ohne zu zahlen. Politisches Fehlverhalten spricht doch nicht für das Zulassen von Rechtsbruch, der auch nur wieder unschuldige Bürger trifft und gar nicht die verantwortlichen Politiker.

  6. Halter, die den verantwortlichen Fahrer nicht nachhalten oder nicht offen legen, haften für den entstandenen Verwaltungsaufwand.

    https://www.gesetze-im-internet.de/stvg/__25a.html

    Die Halterhaftung ist im privatrechtlichen Deliktsrecht nichts Besonderes. Der Halter ist für die Überlassung eines PKW als Gefahrenquelle haftbar.

    https://www.gesetze-im-internet.de/stvg/__7.html

    Aber auch im Strafrecht gibt es die Halterhaftung im weitesten Sinne. Die Fahrlässigkeitsdelikte stellen z.B. auf die Ursächlichkeit eines Handlungserfolges ab. Ist die Ursächlichkeit fahrlässig verschuldet, kommt es auch hier zur ( strafrechtlichen ) Halterhaftung.

    https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__229.html

    Der Prozesshergang belegt, dass den involvierten Beamten und Richter grundlegendes Rechtsverständnis fehlt.

    Selbstverständlich muss die Handlung eines vorgeworfenen Tätigkeitsdelikts nachgewiesen werden. Spekulationen reichen natürlich nicht aus.

    Wenn die Behörde stattdessen eine ( höhere ) Verwaltungskostengebühr in Rechnung stellen kann, dann kann sie das gleiche oder sogar bessere ( erzieherische ) Ergebnis erwirken.

    Hier haben sich Beamte und Richter völlig überflüssig mit dem Nasenring durch die Arena ziehen lassen.

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