„Deutsche misstrauen Ökonomen und erwarten steigende Inflation“. 50 Prozent halten „es für wahrscheinlich, dass die Inflation 2023 weiter steigen wird. Knapp ein Drittel (28 Prozent) rechnet mit Teuerungsraten auf dem hohen Niveau der vergangenen Monate“, also rund 10 Prozent Inflation. Nur „13 Prozent der Befragten […] rechnen 2023 mit weniger Inflation.“ Ich bin sicher kein Freund der EZB, aber ich bin auch Ökonom und gehe davon aus, dass die Inflation im nächsten Jahr wieder etwas sinken wird. Das bedeutet nicht, dass auch die Preise wieder fallen und auf ein früheres Niveau zurückkehren, sondern dass sie nicht mehr ganz so stark weitersteigen werden.
Dafür gibt es natürlich keine Garantie. So könnte es zu neuen Krise oder einer starken Eskalation der russischen Gewalt kommen, auch die EZB könnte die Inflation noch weiter anheizen. Aber die gegenwärtigen Trends sprechen dafür, dass die Energiepreise im nächsten Jahr nicht noch einmal so stark zulegen werden, dass die EZB die nominalen Zinsen noch etwas erhöht und nicht gleich wieder senkt, dass die Löhne weniger stark steigen als die Inflation, was zwar zu weiterer Inflation beiträgt, aber nicht deren Steigerung, und dass auch die Probleme in den Lieferketten abnehmen, sei es wegen anderer Politik insbesondere in China oder Anpassungen der hiesigen Unternehmen.
„Auch mit Blick auf die nächsten drei Jahre erwartet die Mehrheit der Befragten eine weiter steigende (35 Prozent) oder gleichbleibend hohe (24 Prozent) Inflation. 28 Prozent gehen in diesem Mittelfrist-Szenario davon aus, dass die Teuerungsraten sinken werden, 12 Prozent machten keine Angaben.“ In drei Jahren kann natürlich noch mehr passieren als in einem, aber aus heutiger Sicht sollte die Inflation 2025 deutlich niedriger liegen, wenn auch nicht bei 2 Prozent, was die EZB erwartet und anstrebt. Die EZB sollte deshalb mehr tun, um die Inflation wirksam zu bekämpfen, während die normalen Bürger sich auf eine vergleichsweise hohe, aber nicht ständig steigende Inflation einstellen sollten. Leider droht auch damit ein Schrumpfen der Realeinkommen und -vermögen. Wir werden ärmer, aber nicht gleich arm.