Diskussionspapier zu Wettbewerb im akademischen Karriereverlauf

Heute habe ich das Diskussionspapier des Instituts für Organisationsökonomik 1/2023 fertiggestellt mit dem Titel und Thema „Wettbewerb im akademischen Karriereverlauf“. Es soll, gegebenenfalls überarbeitet, weshalb ich auch hier für Anregungen dankbar bin, in einem Sammelband erscheinen. Die Zusammenfassung lautet:

Wettbewerb spielt in den verschiedenen Phasen einer akademischen Karriere eine Rolle. Er fängt schon im Kindergarten an und hört nach der Pensionierung nicht auf, ist jedoch im Bemühen um die erste Professur auf Lebenszeit am größten. Neben der Wettbewerbsintensität ändern sich auch die Wettbewerbskriterien und die angestrebten Ziele im Laufe der Karriere und langfristig sogar für das gesamte Hochschulsystem.

27 Gedanken zu „Diskussionspapier zu Wettbewerb im akademischen Karriereverlauf

  1. Man definiere Wettbewerb. Man nehme etwa den Heiratsmarkt. Akademikerinnen bekommen dort die allerwenigsten Kinder von allen Berufsgruppen. Damit haben sie den Wettbewerb um eine Familiengründung mit anderen Berufsgruppen verloren. Da sie aber wohl kaum kinder-, männer- oder familienfeindlicher als andere Menschen sind (Feministinnen ausgenommen), muß man annehmen, daß ihre verfehlte Lebensplanung das Ergebnis eines schlechten Wettbewerbssystems an den Hochschulen ist. Denn eigentlich ist es doch im besten Interesse der Gesellschaft, daß gerade diese Berufsgruppe kinderreich ist, da Intelligenz vererbbar ist (nature) und die Kinder ein gebildetes Elternhaus hätten (nurture).

    Der Kultfilm ‚Idiocracy‘ hat die evolutionäre Wettbewerbsunfähigkeit von solchen Akademikern gut parodiert (https://youtu.be/sP2tUW0HDHA?t=48). Dumb-smart oder stupid-smart nennt man solche Leute im Englischen, glaube ich. Auf der Dating-App Bumble erlebt man viele solche Mit- und Enddreißigerinnen mit Doktortitel, die sowas schreiben wie „möchte irgendwann Kinder“. Ja, was soll man denen noch sagen….

      • Was für eine Mischung? Klingt für mich wie irgendein grünes Stereotyp („Mischung immer gut“).

    • Gemeint ist in der Vorlage doch wohl eher der Wettbewerb in der Verfolgung beruflicher Ziele aus individueller und nicht aus gesellschaftspolitischer Sicht (wenngleich dort – bei flüchtiger Betrachtung- auch Gegensätze in diesen Sichtweisen herausgestellt werden. Mir fehlt aus gesellschaftspolitischer Sicht eine kritischere Sicht der Universitäts-Laufbahnen, die wohl nur von Außenstehenden beigesteuert werden kann.

      • Welche gesellschaftspolitischen Ziele sollen denn an Hochschulen verwirklicht werden? Ist das nicht gerade ein Problem der Identitätspolitik, dass sie ihre gesellschaftspolitischen Vorstellungen über die Wissenschaft stellt, so dass nicht einmal mehr biologische Tatsachen an manchen Universitäten frei geäußert werden dürfen?

      • Ich halte die Verbeamtung in Forschung und Lehre für diskussionswürdig.

      • Man kann alles diskutieren, aber mein Beitrag zeigt doch durchaus Gründe auf, warum die Verbeamtung von Professoren sinnvoll ist. Eine ersatzlose Abschaffung würde das deutsche Hochschulsystem schwer treffen, während ein adäquater Ersatz schwierig und teuer wäre. Die Verbeamtung sorgt nicht nur für Unabhängigkeit der Professoren (der richtige Vergleich sind Richter, nicht Polizeibeamte, während der öffentlich-rechtliche Rundfunk institutionell noch unabhängiger ist als die Hochschulen, was aber auf die einzelnen Journalisten und Redakteure überhaupt nicht zutrifft), sondern ist auch ein starker Anreiz für den wissenschaftlichen Nachwuchs.

      • Was meinen Sie denn, wo die ganzen merkwürdigen Urteile der Obergerichte zu Klima, Rundfunk und Finanzen herkommen ? Das ist das Produkt der Inzucht an den Universitäten, die ich seit der 68iger Bewegung prognostiziert habe. Es ist ein sich selbst verstärkendes System.

      • Nein, die obersten Gerichte in Deutschland sind inzwischen politisiert, vorneweg mit dem CDU-Politiker und Merkel-Vertrauten Stephan Harbarth an der Spitze des Bundesverfassungsgerichts. Das ist ein Problem mangelnder Gewaltenteilung und von Parteienherrschaft, nicht der Universitäten.

      • Warum machen die Senats-Mitglieder alle mit, für die Provenienz und Parteibindung nicht in gleichem Maße zutrifft ? Aus dem Bereich der Ökonomie ist für mich die berufliche Vita Claudia Kemferts ein Beispiel. Aber – um Ihre Vorlage konstruktiv mit einem praktischen Tipp aus meinem familiären Umfeld zu ergänzen: MINT_Fach o.ä. studieren, mit Diplom (Master ?) abschließen, gut bezahlt in einschlägige Tätigkeit in der Industrie wechseln, Doktorarbeit und Publikationen aus dort erarbeiteten Ergebnissen unterfüttern, keine Fachtagung (mit Reisespesen vom Arbeitgeber) versäumen und dort an geselligen Abenden teilnehmen. Da verbreitet sich ein Ruf wie Donnerhall – und finanzielle Entbehrungen gibt es auf dem Wege zur Professur auch nicht.

      • Es gibt fächerspezifische Unterschiede in der typischen Hochschulkarriere. Insbesondere bei Ingenieuren führt sie über die Industrie, was auch sinnvoll ist. Es ist eine interessante Frage, ob das auch für BWL-Professoren wie mich sinnvoll wäre. Die Realität an den Universitäten ist eine andere, während an Fachhochschulen eine Phase außerhalb des Hochschulbereichs Regelvoraussetzung ist, die jedoch durch eine Habilitation ersetzt werden kann. Gesamtwirtschaftlich wären viel mehr Studenten und Absolventen in MINT-Fächern gut. Der Staat sollte das stärker fördern, ohne jemanden zu zwingen.

  2. Wenn Sie das falsche Geschlecht oder die falsche sexuelle Orientierung haben, dann können Sie heutzutage Ihre wissenschaftliche Karriere knicken.

    • Ja, die Masse sind Gefälligkeitswissenschaftler.

      Früher begannen Märchen mit „Es war einmal…„, heute mit „Experten bestätigen, dass…„…!

      • Die meisten Wissenschaftler sind nicht so, sondern Politiker und Journalisten suchen sich die ihnen passenden „Experten“ aus, die häufig gar keine Wissenschaftler oder zumindest nicht vom Fach sind.

    • So weit ist es noch nicht, doch inzwischen wird leider nach dem Geschlecht diskriminiert, nur mit umgekehrtem Vorzeichen als früher. Zugleich wird geleugnet, dass es überhaupt biologische Geschlechter gibt. Ich bin wirklich gespannt, was die freie Geschlechtswahl aus den Frauenquoten machen wird.

      • Das kann ich Ihnen sagen. Es ist gar nicht schwer, das vorherzusagen, wenn man mal überlegt. Immer wenn die Linke einen künstlichen, fiktiven oder widernatürlichen Zustand aufrechterhalten will, zieht sie eine zusätzliche staatliche Ebene in den Prozess ein.

        Die Linke wird also hingehen und Kommissionen, Instanzen, Prozesse oder Tribunale einführen, um die Wahrhaftigkeit der eigenen Geschlechtszuordnung zu ermitteln. Und sie wird dabei nicht begreifen, daß sie damit die selbständige und freie Geschlechtszuordnung des Individuums völlig ad absurdum geführt hat.

        Aber sie wird damit durchkommen, da der Zeitgeist die staatliche Intervention will, die Bedeutung des Individuums für das Wohl der Gesellschaft überschätzt und logische Widersprüchlichkeit ignoriert.

      • Aktuell geht es doch gerade darum, jegliche Überprüfung der Geschlechterwahl abzuschaffen. Mit Gutachten und medizinischen Eingriffen ist doch bislang schon ein juristisch anerkannter Geschlechterwechsel möglich. Zukünftig darf sich jede(r) einmal im Jahr willkürlich umentscheiden.

  3. PS: Die Linke hat damit schon angefangen. Meines Wissens ist eine Geschlechtsummeldung nur einmal im Jahr möglich. Warum diese willkürliche Begrenzung staatlicherseits? Die Geschlechtszuschreibung soll doch eigentlich nach linker Identitätslehre frei und ohne Zwang sein…?

    • Freiheit von Zwang heißt nicht, daß niemand mehr zu etwas gezwungen werden kann. Für die Durchsetzung linker Ideologie darf natürlich weiterhin Zwang ausgeübt werden.
      Freiheit von Zwang heißt lediglich, daß jede Form von Zwang, der der linken Ideologie entgegensteht, geächtet wird. Z.B. Naturgesetze oder ähnlicher reaktionärer Unsinn.

      • Linken wie rechten Identitätspolitikern geht es doch gar nicht um individuelle Freiheit, sondern das Gegenteil. Das Kollektiv ist alles.

    • Wäre es dann nicht eigentlich konsequent, Geschlecht als juristische Kategorie ganz abzuschaffen? Dann würde jedoch offensichtlich, dass sowohl Schutz als auch positive Diskriminierung von Frauen nicht mehr möglich ist. Jedem Vergewaltiger und sogar Frauenmörder zu erlauben, in Frauenhäuser und Frauengefängnisse zu gehen, läuft auf dasselbe hinaus, ist jedoch weniger ehrlich.

  4. Ich bin ebenfalls Universitätsprofessor und kann viele der Aussagen in dem Manuskript bestätigen. Ein Hinweis für die Überarbeitung: In S. 10 Z. 4 von unten soll es vermutlich „destabilisieren“, nicht „stabilisieren“ heißen.

    Hinsichtlich des Wettbewerbs auf der Ebene der Habilitation bzw. Juniorprofessur würde ich die Bedeutung der Betreuer bzw. internen Gutachter nicht unterschätzen. Zwar sind Veröffentlichungen in guten Zeitschriften entscheidend. Aber es ist durchaus relevant, herauszufinden, wie groß die Beiträge des jeweiligen Kandidaten sind. Ceteris paribus würde mich persönlich ein Kandidat, der als x-ter Koautor bei einer Top-Publikation beteiligt ist, weniger beeindrucken als ein Kandidat mit einer Publikation als Alleinautor in einer etwas niedrigeren Zeitschrift.

    • Danke für den Korrekturhinweis, den ich noch umgesetzt habe. Rechtlich ist unklar, welchen Einfluss die Gutachter noch haben, wenn es eindeutige Regeln an die Publikationsanforderungen gibt. Betroffene könnten auf deren Einhaltung klagen, während umgekehrt bei einem Durchwinken auch ohne Erfüllen der Regeln niemand klagen wird.

      • Bei uns ist man zurückhaltend mit Kriterien, die eine Verdauerung garantieren würden. Die Universität möchte sich die Entscheidung, wen sie dauerhaft übernimmt, nicht gerne komplett aus der Hand geben lassen.

        Je stärker solche Tenure-Entscheidungen von dem abweichen, was an vergleichbaren Standorten üblich ist, desto mehr gibt es natürlich Potential für Klagen. Tatsächlich gibt es bereits (unabhängig von Tenure-Verfahren) in seltenen Fällen Konkurrentenklagen bei der Besetzung von Hochschullehrerstellen, die in noch selteneren Fällen auch erfolgreich sein können. Bei entsprechenden Gerichtsverfahren sind aber dann auch wieder Gutachten relevant. Fachfremde Richter werden nicht einfach so entscheiden wollen, ob die Stellenbesetzung angemessen war.

      • Eigentlich ging es doch um Habilitation oder (Zwischenevaluation bei der) Juniorprofessur, wodurch sich eine Universität bzw. Fakultät nicht dauerhaft bindet. Es gibt bereits Urteile, dass nicht „willkürlich“ (ohne wissenschaftliche Gutachten) gegen eine Habilitation gestimmt werden darf. Konkurrentenklagen spielen dabei keine Rolle (bei Tenure-Entscheidungen übrigens auch nicht). Diese sind manchmal erfolgreich, wobei der „Erfolg“ darin besteht, dass der Erstplatzierte die Stelle nicht (jedenfalls nicht sofort, sondern höchstens nach Heilung von Verfahrensmängeln) bekommt, der Kläger aber auch nicht.

      • Vermutlich kommt es nicht allzu oft vor, dass eine Habiliation verwehrt wird, sofern sie nicht nachteilig für das Prestige der Uni ist. Es gibt ja bereits eine Vorauswahl der Personen, die überhaupt Habilitationsstellen bekommen.

        Mir ist übrigens gar nicht so recht klar, warum die Habilitation so sehr an Bedeutung verloren hat, zumindest in der VWL. International mag das System der Assistenzprofessuren verbreitet sein, aber eine Habilitation ist doch ebenfalls ein Qualitätsausweis. Die Zwischenevaluation der Juniorprofessur ist eigentlich etwas anderes, da es hier auch um Lehre, Verwaltung und „work in progress“ in der Forschung geht. Eine Habilitation ist abgeschlossene Forschung (die später natürlich weitergeführt werden kann).

      • In der VWL zählen doch jetzt vor allem Zeitschriftenpublikationen, und zwar in sehr hoch gerankten Zeitschriften, über die weitestgehend Konsens besteht. Das Schreiben eines Buches bringt da nichts mehr, aber auch eine kumulative Habilitation wäre dann nur redundant.

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