Senat will Wilhelm und Westfalen canceln

Der „Senat spricht sich für Namensänderung der Universität aus“. Es war zwar lediglich eine Probeabstimmung am 25. Januar, doch der rechtswirksame Beschluss am 5. April ist nur noch eine Formsache. Niemand stimmte dagegen, neben dem durchaus problematischen Kaiser Wilhelm II. auch Westfalen aus dem Namen der Westfälischen Wilhelms-Universität zu streichen. Meiner Ansicht nach sollte man die ‚Westfälische Wilhelms-Universität Münster nicht umbenennen, sondern auf Wilhelm I. beziehen‘. Westfälische Universität Münster oder ein Bezug auf Fürstbischof Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels, unter dem die Universität 1780 gegründet worden war, wären ebenfalls Möglichkeiten gewesen, die aber wohl nicht dem heutigen Zeitgeist entsprechen. Die Gruppen innerhalb der Universität sowie die breite Öffentlichkeit durften zwar mitdiskutieren, wurden aber nicht systematisch befragt. In der nicht repräsentativen Umfrage des Westfälischen Anzeigers ist eine breite Mehrheit gegen die Umbenennung (siehe „Uni Münster bekommt neuen Namen – Zeitplan für Umbenennung steht“).

4 Gedanken zu „Senat will Wilhelm und Westfalen canceln

  1. “ In der nicht repräsentativen Umfrage des Westfälischen Anzeigers ist eine breite Mehrheit gegen die Umbenennung.“

    Das war bei der Rechtsschreibreform und bei der Abschaffung der DM doch auch nicht anders. Verstehen Sie jetzt, was für ein Regime das ist: immer wenn das Volk anderer Meinung ist, wird es gerade deswegen nicht gefragt.

  2. Ich halte solche Umbenennungen für jämmerlich, dumm und zutiefst rückschrittlich. Jämmerlich ist es, sich an einer längst verstorbenen Persönlichkeit abzureagieren. Hätte man die Universität 1918 umbenannt, wäre das etwas anderes gewesen. So ist es nur billiges Maulheldentum. Dumm ist es, weil es eine Warnung an alle Förderer und Mäzene ist: wer kann ausschließen, dass unsere heutige politische Ordnung dereinst als verkommene Ochlokratie verdammt wird, und dass alle Namen heutiger Größen oder Gönner wieder entfernt werden? Rückschrittlich ist es, weil zu den Errungenschaften der letzten 200 Jahre die Erkenntnis gehörte (des Historismus, um genau zu sein), dass vergangene Zeiten nicht einfach nach heutigen Maßstäben zu beurteilen sind, sondern aus sich selbst heraus bzw. aus ihren historischen Ursprüngen verstanden werden müssen.

    Natürlich kann man Erscheinungen und Persönlichkeiten der Vergangenheit unsympathisch oder abstoßend finden und sich davon distanzieren, aber das ist eben eine heutige, subjektive bzw. politische Wertung und hat mit Wissenschaft nichts zu tun. Die Universität Münster ist ziemlich tief gesunken.

  3. „Rückschrittlich ist es, weil zu den Errungenschaften der letzten 200 Jahre die Erkenntnis gehörte (des Historismus, um genau zu sein), dass vergangene Zeiten nicht einfach nach heutigen Maßstäben zu beurteilen sind, sondern aus sich selbst heraus bzw. aus ihren historischen Ursprüngen verstanden werden müssen.“

    Vollkommen richtig, wer das wilhelminische Zeitalter objektiv beurteilen will, sollte sich fragen, wann in den so genannten westlichen Demokratien das Frauenwahlrecht eingeführt und wann in den USA die Rassentrennung aufgehoben worden ist. Und bis wann hatten die „Befreier“ Kolonien?

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