Wahlergebnisse zum EU-Parlament in anderen EU-Staaten

Gestern habe ich die ‚Wahlergebnisse zum EU-Parlament in Deutschland […]‘ betrachtet. Heute weite ich den Blick auf die ganze EU. Dabei bestätigt sich, dass es nicht eine Europawahl gibt, sondern jeweils einzelne Wahlen in den 28 Mitgliedsstaaten der EU. Entsprechend gibt es auch nur wenig übergreifende Ergebnisse (für die Zahlenwerte siehe hier) wie den Anstieg der Wahlbeteiligung EU-weit von 42,6 auf 50,9 Prozent (wobei es weiterhin leicht möglich ist, bei potentieller Wahlberechtigung in zwei Ländern auch in beiden tatsächlich zu wählen, was verboten ist). Ein übergreifendes Ergebnis ist außerdem, dass die absolute Mehrheit für die Große Koalition aus der Europäischen Volkspartei (EVP, Christdemokraten) mit der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten (S&D) vorbei ist. Sie müssen entweder die Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa + Renaissance (ALDE&R) oder die Grünen/Freie Europäische Allianz (Grüne/EFA) hinzunehmen oder fallweise Mehrheiten suchen. Insgesamt wird es wohl acht Fraktionen geben.

Im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland erzielt die neue Brexit Party aus dem Stand das mit Abstand beste Ergebnis mit 31,7 Prozent und 29 Sitzen (damit ist sie die stärkste Einzelpartei im EU-Parlament; CDU und CSU zusammen kommen ebenfalls auf 29 Sitzen). Es folgen die Liberalen Demokraten mit 18,5 Prozent und 16 Sitzen, Labour mit 14,1 Prozent und 10 Sitzen, die Green Party mit 11,1 Prozent und 7 Sitzen sowie erst auf dem fünften Platz die Tories mit 8,7 Prozent und 4 Sitzen. Es ist wohl das schlechteste Ergebnis bei einer landesweiten Wahl für die Conservative Party seit ihrer Gründung 1834. Wenn sie den Brexit weiter verbockt, könnte sie demnächst auch bei Unterhauswahlen verdrängt werden.

In Frankreich liegt Rassemblement National von Marine Le Pen mit 23,3 Prozent und 22 Sitzen vor der Koalition Renaissance mit La Republique En marche! vom Präsidenten Emmanuel Macron mit 22,4 Prozent und 21 Sitzen. Die französischen Grünen folgen auf dem dritten Platz mit 13,5 Prozent und 12 Sitzen. Erst dann kommt die frühere Regierungspartei Les Républicains mit 8,5 Prozent und 8 Sitzen. Die neue linke Partei La France Insoumise liegt mit 16,3 Prozent und 6 Sitzen noch vor der Koalition Envie d’Europe écologique et sociale mit den Sozialisten, die 6,2 Prozent und 5 Sitze erzielte.

In Italien hat die Lega Nord bzw. Lega Salvini Premier mit 34,3 Prozent und 28 Sitzen die Wahl gewonnen. Es folgen die frühere Regierungspartei Partito Democratico mit 22,7 Prozent und 18 Sitzen sowie die momentan noch stärkere Regierungspartei Movimento Cinque Stelle mit 17,1 Prozent und 14 Sitzen. Forza Italia kommt auf 8,8 Prozent und 7 Sitze.

In Spanien liegen die regierenden Sozialisten mit 32,8 Prozent und 20 Sitzen vorn. Es folgen die Volkspartei mit 20,1 Prozent und 12 Sitzen, Ciudadanos mit 12,2 Prozent und 7 Sitzen sowie eine linke Vereinigung mit Podemos mit 10,1 Prozent und 6 Sitzen.

In Polen gewinnt die regierende PiS mit 45,4 Prozent und 26 Sitzen vor der oppositionellen Koalicja Europejska mit 38,5 Prozent und 22 Sitzen. In Ungarn holt eine Koalition mit der regierenden FIDESZ die absolute Mehrheit mit 52,3 Prozent der Stimmen und 13 Sitzen. In Östereich gewinnt die ÖVP vom heute trotzdem abgewählten Bundeskanzler Sebastian Kurz mit 34,9 Prozent der Stimmen und 7 Sitzen vor der SPÖ mit 23,4 Prozent und 5 Sitzen, der FPÖ mit 17,2 Prozent und 3 Sitzen, den Grünen mit 14,0 Prozent und 2 Sitzen sowie NEOS mit 8,7 Prozent und einem Sitz. Schließlich wird es in Griechenland Neuwahlen geben, weil die oppositionelle Nea Dimokratia mit 33,3 Prozent und 7 Sitzen deutlich vor der regierenden Syriza mit 23,7 Prozent und 6 Sitzen liegt.

17 Gedanken zu „Wahlergebnisse zum EU-Parlament in anderen EU-Staaten

  1. Ein „Schmankerl “ zum Schmunzeln am Rande: Im calvinistisch-konservativen Zentrum der Niederlande gingen die Schwesterparteien der deutschen Grünen, Sozialdemokraten und Linken etwas zurück, von 1, 5 % auf 1, 2 % (für alle 3 Parteien zusammen)… Es zeigt sich aber hier erneut, daß tiefe Religiösität Wahlen stärker prägt als etwa „Klassenunterschiede“

  2. In der Rechtsaußenliga ist jetzt die Slowakei vorne mit “ Kotleba – People’s Party Our Slovakia“ prozentmäßig weit vor der „Goldene Morgenröte“ ( so ein affiger Parteiname kann auch nur Griechen einfallen). NPD natürlich rausgeflogen.

  3. So stimmten unsere nördlichen Nachbarn in Dänemark
    Zahlen der letzten Wahl in Klammern
    Venstre 4(2)
    Socialdemokrati 3(3)
    Socialistik Folkeparti 2(1)
    Radikal Venstre 2(1)
    Enhedslisten 1(0)
    Danske Folkepartie 1(4)
    Konservative 1(1)
    Den 4. Sitz der Venstre gibt es erst nach dem Brexit.
    Die Danske Folkeparti würde man als rechtspopulistisch bezeichnen.
    Die Socialdemokrati ist im letzten Augenblick zu einem schärferen Kurs in der Flüchtlingspolitik umgeschwenkt. Vielleicht ist dadurch der Einbruch der Danske Folkeparti zu erklären.
    Venstre heißt links – also auch hier wie in den Niederlanden eine Verschiebung nach links.
    Die Enhedsliste trat zum ersten Mal an.

    • KdPetri: Venstre heißt Links, ist aber die rechtere der beiden liberalen Parteien Dänemarks. Hier wird das Parteiennsystem des 19. Jahrhunderts konserviert, in dem „links“ liberale Ablehnung monarchistischer Adels- und Beamtenherrschaft bedeutete. In der BRD ist die Gesamtzahl der Stimmanteile für AfD, CDU/CSU, FDP klar weniger gesunken als die Gesamtzahl der Stimmanteile für Grüne, SPD, Die Linke, so daß eine Verschiebung nach links kaum festzustellen ist, der Vorsprung der „bürgerlichen“ Parteien vor Rot-Rot-Grün stattdessen wuchs.

      • Ist die umverteilungssozialistische Merkel-CDU mit ihrer Politik der offenen Grenzen und grenzenlosen Alimentierung denn wirklich noch eine „bürgerliche“ Partei?

      • Genau. Und die linkere ist „Radikale Venstre“ = Radikale Linke. Das ist doch mal ein Name für eine liberale Partei! in Dänemark klingt halt alles etwas schlimmer als es ist (weswegen sowohl Venstre als auch Radikale Venstre eigentlich nie übersetzt werden: international bezeichnen sie sich als Denmark’s Liberal Party und Danish Social Liberal Party). Die seit 1870 bestehende Venstre ist damit möglicherweise die erste Partei der Welt überhaupt, die sich den offiziellen Namen „Linke“ gegeben hat, zumindest bin ich bisher auf keine ältere gestoßen. Die Radikale Venstre spaltete sich 1905 ab.

  4. Dass die Brexit Stimmen mit dabei sind ist für die Wahl des Kommissionspräsidenten für Timmermann ein Vorteil. Wenn die Briten aber im Oktober ausscheiden, wäre es ohne sie für Weber jetzt ein Vorteil gewesen. Ist das nicht ungerecht?

  5. …und ausgerechnet in der schwedischen Heimat von Greta Tunfisch haben die Grünen 6% verloren und die Anzahl ihrer Sitze im EU-Parlament von 4 auf 2 halbiert, während phöse Rächde stark hinzugewonnen haben…! 🙂

  6. Sel300: Da die CDU in der Tat (Sie haben recht) keine wirklich bürgerliche Partei mehr ist, schrieb ich „bürgerlich“ in Anführungszeichen.

    • Es ist eben alles eine Frage der Perspektive (also des eigenen Standpunkts), bei der Verwendung von Adjektiven. Ich bin mir sicher, dass die meisten Deutschen inzwischen eher die „etablierten“ GRÜNEN denn die AfD als „bürgerlich“ bezeichnen würden. Insofern sind „bürgerlich“, „rechts“ und „links“ ziemlich überholte Bezeichnungen.

      Denken Sie nur an Frau AKK, die fragt:
      „Was wäre eigentlich in diesem Lande los, wenn eine Reihe von, sagen wir, 70 Zeitungsredaktionen zwei Tage vor der Wahl erklärt hätten, wir machen einen gemeinsamen Aufruf: Wählt bitte nicht CDU und SPD. Das wäre klare Meinungsmache vor der Wahl gewesen.“
      Quelle (z.B.): https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/parteien/id_85835184/kramp-karrenbauer-hat-die-cdu-chefin-die-meinungsfreiheit-infrage-gestellt-.html

      Nun, dass genau das in Bezug auf andere Parteien als CDU und SPD, nämlich insbesondere in Bezug auf die AfD seit Jahren der Fall ist, hat sie wohl nicht ganz mitbekommen im Saarland oder im Konrad-Adenauer-Haus.

      • Vermutlich hat sie es mitbekommen und zeigt damit, worum es geht: Regierungspropaganda auch und gerade im Wahlkampf. Jetzt will sie aber noch mehr, nämlich weitere Zensur im Internet, wo doch tatsächlich noch abweichende Meinungen verbreitet werden.

      • Das Problem ist m.E., dass „Rundfunk“ (also unidirektionale ‚point to multipoint‘ Verbreitung) immer noch anders (nämlich zumindest vermeintlich sehr viel strenger) behandelt wird als das Internet, in dem jeder macht, was er will oder die Menschen eben glauben (sollen?), dass es so sei. Ha ha.

        Im Netz können selbst wir vermeintlich gut geschulten und auf derlei Dinge sensibilisierten alten Hasen echte Fakten von „alternativen Fakten“ nicht immer unterscheiden, schon gar nicht auf den ersten Blick (im Fernsehen inzwischen dank digitaler Produktionsmittel aber auch nicht mehr).

        Welch fragwürdiger „Segen“ für die Menschheit …
        Und von wegen „klassische“ versus „alternative“ Medien.

        Sehen Sie mal hier:
        http://tertium-datur.com/trau-schau-wem-die-zerstoerung-der-cdu-oder-der-fakevlogger/
        Fakt oder Fake?

  7. SEL300: Ja- es ist eine Frage der Definition, wobei die übliche Meinung oder irgendeine nicht „der“ oder einer richtigen Definition folgen muß. <

    • Da es einen objektiven Standpunkt im politischen Diskurs sowieso nie geben kann, spielt die Verortung im Grunde ja auch gar keine Rolle. Nur leider ist das den allermeisten Menschen nicht einmal ansatzweise bewusst.

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