Meine Erststimme für Sarah Beckhoff

Bei der Landtagswahl am Sonntag in NRW hat jeder Wähler nicht nur die eigentlich wichtigere Zweitstimme, mit der eine Parteiliste gewählt werden kann und damit über die Zusammensetzung des Landtags entschieden wird, sondern auch eine Erststimme für einen Wahlkreiskandidaten. Wenn dieser nicht ohnehin über die Landesliste abgesichert ist, verdrängt ein erfolgreicher Kandidat allerdings in der Regel nur einen Listenkandidaten der eigenen Partei, zumindest wenn er einer Partei mit Liste angehört, die die Fünf-Prozent-Hürde überschreitet. Einzelkandidaten und Kandidaten kleiner Parteien unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde könnten über die Erststimme auch direkt in den Landtag kommen, doch praktisch kommt das nicht vor. Meinen Wahlkreis Dortmund III wird mit ziemlicher Sicherheit Nadja Lüders von der SPD holen, die 2012 die absolute Mehrheit der Simmen erhielt (52,9 Prozent).

Trotzdem habe ich mir beim WDR-Kandidatencheck die acht Kandidaten meines Wahlkreises angesehen bzw. die fünf, die in einem vierminütigen Video die immer gleichen Fragen des WDR beantwortet haben, wobei die letzte Antwort teilweise abgeschnitten wurde. Es ist schade, dass sich Bernd Schreyner dieser Vorstellung wie die meisten der ohnehin wenigen AfD-Direktkandidaten verweigert hat, insbesondere da auch sonst fast nichts über ihn im Internet zu finden ist. Die AfD in NRW und vor allem Dortmund scheint weder Straßen- noch Internetwahlkampf zu machen. Auch die Kandidatin der Piraten, die doch eigentlich neuen medialen Möglichkeiten gegenüber besonders aufgeschlossen sein müssten, hat wohl schon aufgegeben, während ich nicht traurig bin, kein Video vom Kandidaten der Partei Die Rechte zu sehen.

Am besten gefallen haben mir die Antworten von Sarah Beckhoff, der erst 22-jährigen CDU-Kandidatin. Wenn die CDU mehr solche Kandidaten und dann vor allem Abgeordnete hätte, könnte sie nur gewinnen. Jedenfalls bekommt sie meine Stimme, auch wenn sie leider fast chancenlos ist. Nur auf den ersten Blick wirkt die FDP-Kandidatin Katharina Magerstedt noch kompetenter, doch sie gibt dann einige ziemlich linke Antworten. In linken Ideen zum Geldausgeben, Umverteilen und Grenzöffnen überbieten sich dann die voraussichtlich siegreiche SPD-Kandidatin, Mustapha Essati von den Grünen und Celine Ellenore Erlenhofer von Die Linke, die für eine 18-Jährige immerhin ziemlich eloquent ist.

28 Gedanken zu „Meine Erststimme für Sarah Beckhoff

  1. Ich find das derzeitige System Erst-/Zweitstimme mit Verhältnisausgleich und geschlossenen Listen nicht ideal. Allgemein habe ich oft das Gefühl, dass viele Menschen „durchwählen“ und ihre Erst- und Zweitstimme der gleichen Partei geben unabhängig von der Eignung der Person. Ich tendiere mittlerweile dazu zu sagen, dass man auf NRW gemünzt 121 Sitze über die Erststimme vergibt und den Rest über die Verhältniswahl. Aber das ist natürlich wunschdenken und gerecht wäre die Sitzverteilung dann auch nicht siehe zum Beispiel in Hamburg in den 1950er Jahren. Allgemein wäre eine Wahl mit offenen Liste wie in Bayern schon ein Fortschritt. Dann gäbe es auch nicht mehr unbedingt sichere Listenplätze für Parteisoldaten und auch von der Partei ungeliebte Persönlichkeiten auf hinteren Listenplätzen hätten dann zumindest noch eine theoretische Chance in den Landtag einzuziehen.

    • Offene Listen mit der Möglichkeit zum Panaschieren fände ich am besten. Wahlkreiskandidaten wären dann gegebenenfalls ganz verzichtbar. Von der Parteiführung bzw. -mehrheit ungeliebte Personen würden dann aber gegebenenfalls gar nicht mehr aufgestellt, auch nicht auf hinteren Listenplätzen.

  2. 22 Jahre ist für mich ein Ausschlusskriterium. Den Beschluss der AfD, dass jemand 5 Jahre Berufserfahrung gehabt haben muss für eine Kandidatur, finde ich gut. Allerdings hält sich die AfD auch selbst nicht dran.

    • Warum sollen nicht auch junge Leute im Parlament vertreten sein? Viel problematischer ist es doch, wenn viel ältere Kandidaten keine echte Berufserfahrung haben bzw. bislang überall gescheitert sind. Bei jungen Politikern ist die Hauptgefahr, dass sie dann dauerhaft in der Politik bleiben wollen oder sogar müssen. Die Begrenzung von Amts- und Mandatszeiten könnte dagegen helfen.

  3. Sarah Beckhoff gefällt mir auch gut, vor allem ist sie konservativ. Sie ist jung und eine Hoffnungsträgerin; wenn Politiker wie sie sich in der CDU durchsetzen würden, wäre das Land auf einem guten Weg.

    • Anabel Schunke, nur wenig älter, war einige Jahre in der CDU und wurde maximal enttäuscht und desillusioniert. Ihre Beiträge aber auf Tichys Einblick sind sehr lesenswert und ihr Engagement via Facebook ist sehr löblich. Sie bedient eine Marktlücke für kritisch-konstruktiv kluge konservativ-liberale Menschen, die weder mit den Altparteien noch der AfD richtig können.

  4. Die Verweigerung der AfD-Kandidaten hinsichtlich des Checks scheint auf eine Weisung des Landesvorstands NRW zurückzuführen sein. Der WDR erklärt:
    „Die Landesgeschäftsstelle der AfD hat uns telefonisch erklärt, dass sie den AfD-Kandidaten empfiehlt, nicht am WDR-Kandidatencheck teilzunehmen. Unserer Bitte nach einer schriftlichen Begründung ist die AfD nicht nachgekommen. Einige Kandidaten haben trotzdem Interviews aufgenommen“.
    Schade, denn in meinem Wahlkreis bietet die AfD einen sehr vorzeigbaren Kandidaten auf (auch der Straßenwahlkampf erfolgt hier engagiert).
    Hoffentlich dämmert es den Mitgliedern in NRW bald, dass Marcus Horst Hubertus Pretzell eine Fehlbesetzung ist.

    • Zu der Verweigerung des Kandidaten-Checks durch die AfD wurde mir von einem Funktionär noch mitgeteilt:
      “ . . .Unsere Leute sollten unvorbereitet innerhalb von vier Minuten Fragen vor laufender Kamera beantworten. Fairness kann nicht garantiert werden, da wir keinen Einfluss darauf haben, ob die gleichen Spielregeln auch bei den anderen Parteien angelegt werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wären unsere Leute verheizt worden . . .“

      • Vielleicht wussten die AfD-Funktionäre das nicht, doch es ist zu sehen, wie allen die gleichen Fragen gestellt werden, auf die auch jeder gleich eine Antwort weiß, da sie offensichtlich schon vorher bekannt waren. Trotzdem kann man sich natürlich mit dämlichen Antworten blamieren, taugt dann aber wohl auch nicht als Kandidat oder gar Abgeordneter.

      • Man kann auch „genehmen“ Kandidaten die Fragen vorab mitteilen, den „unerwünschten“ Kandidaten hingegen nicht. So erscheinen dann die „erwünschten“ Kandidaten seriöser und können sich mit bereits auswendig gelernten Antworten als Politiker darstellen, welche allen Anforderungen gewachsen sind.
        Auf diese Weise könnte z. B. dann auch eine Claudia Roth als intellektuell anspruchsvollere und lauterere Persönlichkeit im Film dargestellt werden als z.B. Herr Prof. Dilger.
        Dem WDR wäre eine solche Vorgehensweise durchaus zuzutrauen.

      • Claudia Roth kann Intelligenz und Verstand doch nicht mal spielen, während Prof. Dilger auch aus dem Stehgreif noch passable Antworten geben würde.

        An Fairness glaube ich auch nicht. Ich kann mich erinnern, es ist schon Jahre her und die AfD gab es noch nicht mal in den Hintergedanken von Prof. Lucke, da gab es eine Talkrunde bei Hart aber Fair. Thema war glaube ich ausländische Jugendkriminalität (oder irgendetwas in der Art). Aus dem TV-Publikum wurde ein jugendlicher Ex-Krimineller hinzugezogen, der mittlerweile geläutert war. Seine ehrlichen Antworten passte der Talkrunde so gar nicht (da war eine SPD- oder Grünen-Tante (Zypries oder Höhn vllt., aber das weiß ich nicht mehr genau), dazu glaube ich ein Kriminologe (da bin ich mir nicht sicher, aber der ewige Pfeiffer würde passen). Die Talkrunde fühlte sich unbeobachtet, als der ehemalige Intensivtäter sprach und bemerkte nicht, dass Bild und Mikro kurzzeitig auf sie gerichtet war. Jedenfalls entwischte der SPD- oder Grünen-Tante völlig verblüfft der Satz „wurde der denn gar nicht gebrieft?“. Ging danach auch groß durch die Medien. Spätestens seither glaube ich nicht mehr an die Neutralität der Medien und Talkrunden.

        Auch wenn man sich andere Skandale anschaut, der bekannteste ist wohl der von Eva Herman, dann wird dem dümmsten TV-Zuschauer klar, dass solche Sendungen vororchestriert sind und bestimmte Teilnehmer bereits im Vorfeld wissen, wie sie zu handeln haben.

  5. Über die Aktivitäten der AfD in NRW können Sie sich z.B. auf https://afd.nrw/ informieren.
    Der Straßenwahlkampf ist – auch in der Stadt, in der ich wohne (Nähe Bonn) – sehr mäßig bis nicht vorhanden. Allerdings werden systematisch AfD-Plakate zerstört und entfernt. Die Hysterisierung der deutschen Öffentlichkeit trägt hier offensichtlich (faule) Früchte.

    Das ist die „Demokratie“ und Meinungsfreiheit, die wir haben. Die Blockparteien freut’s.

    • Dort werden mir auch nur die Namen der Direktkandidaten angezeigt. Gerade wenn der Straßenwahlkampf erschwert ist, müsste die AfD doch jede andere Gelegenheit nutzen, um sich, ihr Programm und vor allem die Kandidaten zu präsentieren.

      • Programm zur Landtagswahl v. 64 Seiten kann man direkt downloaden! Eine kurze Powerpoint Praesentation waere sicherlich auch hilfreich. Sonst nicht einladend und klug gestaltet.
        Es fehlen Persoenlichkeiten mit Charisma.

      • Persönlichkeiten mit Charisma sind knapp und werden von keiner Partei in NRW aufgeboten (höchstens noch von der FDP mit Christian Lindner). Es wäre schon viel gewonnen, wenn man überhaupt Persönlichkeiten auf der Liste hätte oder auch nur seriöse Personen statt verkrachte Existenzen.

    • Mit Spannung erwarte ich die regionale Variation der AfD-Wahlergebnisse. Dortmund soll nicht besonders aktiv im Wahlkampf sein, Essen mit Guido Reil schon. Und dazwischen liegt Bochum, die Stadt des Spitzenkandidaten und vieler seiner Unterstützer mit sehr guten Listenplätzen …
      Interessant auch, wie groß das Nord-Südgefälle im Ruhrgebiet wird mit den hochgradigen Problembezirken im Norden und den besseren Gegenden im Süden.

      • Im Ruhrgebiet müssen 15 Prozent erzielt werden, sonst wird das Gesamtergebnis ziemlich mau, da es im Rheinland wohl nur knapp über 5 Prozent gehen wird und auf dem Land die 5 Prozent sogar verfehlt werden. Von den Unistädten wie Münster erst ganz zu schweigen. Wenn Problembezirke in Essen, Duisburg oder Dortmund nicht liefern, dann wird das Ergebnis ein ziemliches Fiasko.

      • Diese Problembezirke sind freilich jene, wo man mit Straßenpräsenz besonders viel erreicht, da selbständige Beschäftigung mit Politik und Gesellschaft, auch im Internet, hier nur wenig stattfindet. Diese Leute muss man auf der Straße abholen, etwa beim Weg zum Einkauf.

  6. In meinem Wahlkreis ist es genau umgekehr. Hier hat der AfD-Kandidat eine Stellungnahme abgegeben, hätte es aber besser gelassen. Andererseits weiß man so auch, was einem blühen würde.

  7. So werde ich es auch machen. Heinrich Frieling, Bauernsohn und erst 31, der mit dem launigen Slogan „Jung.Schwarz.Kräftig“ wirbt, erscheint als der beste Kandidat. Die AfD findet ohnehin nicht statt, macht im TV eine schlimme Figur und ist ganz und gar unseriös – „Dass der AfD-Spitzenkandidat für den NRW-Landtag, Marcus Pretzell, nicht mehr als Rechtsanwalt arbeiten kann, ist schon länger bekannt. Freiwillig gab er seine Zulassung jedoch offenbar nicht ab.“ http://www.rp-online.de/nrw/landespolitik/nrw-warum-marcus-pretzell-afd-kein-rechtsanwalt-mehr-ist-aid-1.6811723

  8. Der Wahlkampf der AfD in NRW ist zu dünn. Die Gelegenheit, bei Podiumsdiskussionen oder in Fernsehreportagen aufzutreten, darf man nicht auslassen. Vor dem Auftritt muss man das eigene Verhalten trainieren. Es gibt viele Profis, die dabei helfen können. Michael Klonovsky ist einer davon!

    Auch der Straßenwahlkampf darf nicht unterschätzt werden! Info-Stände sollten IMMER als Kundgebung (!) angemeldet werden. Da hat man mehr Rechtssicherheit. Auch Plakatläufer (eines vorne, eines hinten) wären eine kreative Idee, da die aufgehängten Plakate ständig zerstört werden. Außerdem muss ein Kandidat von Haustür zu Haustür gehen! Wohnviertel mit 1-2-Familienhaus-Struktur sind ideal. Dort wohnt die gebeutelte Mittelklasse!

    Für Veranstaltungen sollte die AfD nur öffentliche Hallen buchen, in denen Wahlkampfveranstaltungen nicht ausdrücklich verboten sind. Wenn dann kurzfristig eine Stornierung kommt, muss sofort geklagt werden, inklusive Schadenersatz, der teuer werden könnte.

    Ein ehemaliger Rechtsanwalt als Spitzenkandidat sollte eigentlich wissen, wie man das macht……

    • Hoffentlich unterstützt Herr Klonovsky auch zukünftig die AfD und diejenigen führenden Köpfe, die ein besseres Erscheinungsbild haben.

    • Vielen Dank, da hat mich meine Erinnerung ja größtenteils nicht im Stich gelassen.

      Es gibt sogar noch eine Videoaufnahme davon:

      Es kann sich also jeder ein eigenes Bild machen, ob es sich da tatsächlich um eine „Verschwörungstheorie“ handelt. Für mich ist diese „Verschwörungstheorie“ jedenfalls deutlich naheliegender als die merkwürdige Ausrede des Grünen-Politikers. Dafür muss man nur in das verdutzte Gesicht der jetzigen Wirtschaftsministerin schauen und sich vergegenwärtigen, dass der ehemalige Intensivtäter in einem einzigen Satz die gesamte Opfer- und Benachteiligungsrhetorik von SPD und Grüne widerlegt, in dem er sagt, dass er ja alle Möglichkeiten hatte und es schlicht an ihm selber lag.

      • Für Sozialisten gilt immer, „dass nicht sein kann, was nicht sein darf“!

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