EuGH verbietet private Kopftuchverbote nicht ganz

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute gleich zwei Urteile zum Verbot von islamischen Kopftüchern durch private Arbeitgeber gefällt. Einerseits sind solche Verbote unter restriktiven Bedingungen zulässig, insbesondere wenn das sichtbare Tragen aller politischen, philosophischen und religiösen Symbole grundsätzlich verboten wird und es sich dabei nicht doch um diskriminierende Maßnahme gegen nur eine Religion handelt. Andererseits reicht es für ein Verbot nicht aus, wenn der Arbeitgeber den Wünschen eines Kunden entsprechen will.

Das erste Urteil ist besser als ein pauschales Verbot von Kopftuchverboten. Doch sehr liberal ist das alles nicht. Die Grundrechte einschließlich Religionsfreiheit und Diskriminierungsverbot gelten erst einmal gegenüber dem Staat. Zur persönlichen Religionsfreiheit gehört es aber auch, eine, mehrere oder alle Religionen ablehnen zu dürfen. Private Kunden dürfen außerdem nach Belieben diskriminieren. Warum soll das nicht auch für Arbeitgeber gelten, die die zahlenden Kunden ihrer Arbeitnehmer sind? Was ist mit der Vertragsfreiheit und Privatautonomie?

Für den Staat als Arbeitgeber ist die Lage etwas anders. Er muss die Grundrechte schützen und darf nicht willkürlich diskriminieren. Dieser Schutz betrifft aber nicht nur die Rechte seiner Beschäftigten, sondern aller Bürger, insbesondere wenn diese zu bestimmten Sachen gezwungen werden wie durch die Schulpflicht oder Polizei. Gerade die Religionsfreiheit selbst erfordert die weltanschaulichen Neutralität des Staates, die dessen Bedienstete im Dienst ausdrücken sollten. Das Bewusstsein dafür scheint jedoch selbst beim Bundesverfassungsgericht verloren gegangen zu sein (siehe dieses Urteil von 2015). Hinzu kommt, dass der Islam als Religion gar nicht unbedingt Kopftücher für Frauen fordert. Sie sind vor allem ein Symbol des politischen Islam bzw. Islamismus, dessen Verwendung das Eintreten für diesen Staat eher zweifelhaft erscheinen lässt.

21 Gedanken zu „EuGH verbietet private Kopftuchverbote nicht ganz

  1. Die Religionsfreiheit garantiert, dass man glauben darf, was man will, ohne dafür verfolgt oder benachteiligt zu werden.

    Religionsfreiheit ist aber KEIN Freibrief für das öffentliche Ausleben rückständiger Kulturen, die mit unserer aufgeklärten Kultur nicht kompatibel sind. Wollen Sie Mohammedanern auch das fünfmalige Beten während der Arbeitszeit zugestehen? Womöglich noch in einem extra einzurichtenden Gebetsraum? Wie weit wollen wir gehen mit der falschverstandenen Toleranz? Dass ich im Betrieb in der Frühstückspause kein Schweinemettbrötchen mehr essen darf, weil Ali gegenüber sich gestört fühlt?

    Den Bau von Moscheen können wir wegen der Religionsfreiheit leider nicht verhindern. Das heißt aber nicht, dass wir einen arabischen Baustil mit Minarett akzeptieren müssen, wo doch in Neubaugebieten Häuslebauern schon die Farbe der Dachziegeln und die Art der Grundstückseinfriedung vorgeschrieben werden.

    Ich stelle einfach einmal die Frage in den Raum, warum Zuwanderer moslemischen Glaubens die größten Probleme bei der Integration haben……???

    • Fragen Sie den EuGH, was er privaten Arbeitgebern noch vorschreiben will. Es würde mich nicht wundern, wenn es demnächst auch Urteile zu Gebetspausen und Kantinenessen gibt. Meine Ansicht habe ich dargelegt, dass private Arbeitgeber und Arbeitnehmer das frei untereinander aushandeln sollten. Ansonsten können Arbeitgeber doch auch Dienstkleidung vorschreiben, das Tragen von Anzügen oder zumindest bei einigen Jobs sogar von Hasenkostümen.

  2. Ich habe kein Problem mit einem Kopftuchverbot. Für mich ist das mohammedanische Kopftuch nicht in erster Linie ein religiöses Symbol sondern vielmehr ein politisches.
    Das Kopftuch ist das Hakenkreuz des Islams. Deshalb hat man allen Grund, es zu verbieten.

    • Die IS-Flagge kann man vielleicht mit dem Hakenkreuz vergleichen, aber doch nicht ein Kopftuch, wie es auch viele deutsche Frauen getragen haben. Es geht auch nicht darum, ob Sie ein Problem mit einem Verbot haben, sondern ob die betroffenen Frauen in ihren Grundrechten verletzt werden oder ob der Staat hier unzulässig in private Arbeitsverhältnisse hineinregiert. Nach meiner Auffassung sollte jeder selbst entscheiden dürfen, bei wem er kauft oder mit wem er arbeiten möchte. Ein privater Arbeitgeber dürfte demnach Kopftücher verbieten, erlauben oder auch vorschreiben, so wie umgekehrt eine Arbeitnehmerin sich dort (nicht) bewerben dürfte, wo Kopftücher verboten, erlaubt oder auch vorgeschrieben sind. Der EuGH sieht das offensichtlich anders.

  3. Vielleicht soll man sich an Verbot einer Vermummung orientieren!
    Ob Muslime, Antifa und andere Chaoten ist egal. Wer so auftritt muesste sofort ueberprueft werden, ein Terrorist, ein Raeuber, ein Gesuchter oder ein Verueckter! Alle haben auf unseren Strassen nichts zu suchen!

      • Ein Kopftuch ist sehr verbreitet unter Frauen allgemein.
        Ob Audrey Hepburn oder Grace Kelly mit einem Hermes Kopftuch, ob Frauen in einer Kirche in Russland, ob Feld- oder Fabrikarbeiterinen in Europa, Kopftuecher sind praktisch und werden aus Tradition oder auch wegen Religion, besonderes in armen baeurlichen Millieus, getragen. Kopftuecher werden auch zu Minirock getragen etc. Also, warum das ganze Teater? Kopftuecher pauschal als politische oder religioese Symbole zu verurteilen ist einfach eine Fantomdebatte. Soll man die Gesinnung der Kopftuchtaegerinen ueberpruefen?

        Es geht eigentlich nur darum bestimmte extreme Formen von Verkleidung/Verhuellung oder Vermummung, Frauen aus islamischen Laendern aus guten Gruenden zu verbieten. Ein, z.B. 100×100 Kopftuch, ist natuerlich keine extreme Verkleidung!

        Sonst sind wir schon fast bei Badestraenden, Nudisten vs. Mohammedaner_inen etc.!😃

      • Auch das ist nicht das eigentliche Diskussionsthema. L’Osservatore will vielleicht alles verbieten, doch in der politischen und mehr noch juristischen Diskussion geht es nicht um Kopftücher auf der Straße, sondern am Arbeitsplatz. Wenn Sie als Mann gerne immer eine Bärenfellmütze tragen, auch in Gebäuden, so können Sie das privat gerne tun, doch viele Arbeitgeber würden Ihnen das verbieten. Bei rein modischen Kopftüchern von Frauen wäre ihnen das auch möglich. Doch wenn die Kopftücher aus (angeblich) religiösen Gründen getragen werden, greifen Diskriminierungsverbote, die jetzt etwas gelockert bzw. präzisiert wurden.

  4. Türkische Mädchen tragen das Kopftuch nicht aus religiösen Gründen.
    Es ist ein sichtbares Signal das man anständig ist.

    Hat man übrigens in ganz Europa noch vor 50 Jahren aus denselben Gründen getragen.

    Kopftuch und Bauchfrei mit Piercing im Bauchnabel,wie schon gesehen,macht zwar keinen Sinn,aber das entwickelt sich irgendwann wie bei uns – von selber weg.

    Ich habe damit also kein Problem und akzeptiere deren Kopftuch,weil es deren Sache ist,was sie warum auch immer tragen.

    Das ist auch nicht das Problem,das Problem ist einfach nur diese Menge an Muslimen in Europa.
    Nicht Muslime selber,das ist für mich gar kein Problem.

    • Sie irren. Das Kopftuch wurde vor 20 oder gar vor 40 Jahren von türkischen Gastarbeitern seltener getragen als heute. Das Kopftuch wird zunehmend populärer.

      Und es ist auch kein Symbol, dass man artig ist. Es ist vielmehr ein Symbol, dass man sich selbst vom Rest der Gesellschaft abgrenzt. Türkische Mädchen mit Kopftuch sieht man an der Uni größtenteils nur mit anderen Kopftuchmädchen. Im besten Fall noch mit ein paar anderen Frauen ohne Kopftuch, meistens sind diese dann aber zumindest aus dem muslimischen Kulturkreis. Kein männlicher Student würde auf die Idee kommen, eine Kopftuchmuslima anzusprechen. Sie wollen auch nicht angesprochen werden. Wir wissen alle wieso. Das ist eine Parallelgesellschaft, die alles andere als gut ist. Das Kopftuch selbst ist ein Problem. Ob man es verbieten kann, ist eine andere Frage. Aber es als kein Problem anzusehen, ist mir ziemlich schleierhaft.

      Ich hatte recht viel mit richtigen Türken der jungen Generation aus der Türkei zu tun. Es ist sehr interessant, auch mal diese Sicht zu sehen.

      1: Deutschtürken werden in der Türkei sehr kritisch gesehen. Sie würden in Deutschland nur Ärger machen.

      2: Der Islam wird sehr kritisch gesehen. Ich habe auch mit Aussteigern gesprochen. Man lernt über Mohammed nur die guten Sachen. Dass er auch ein Massenmörder und Kinderschänder war, muss man sich selbst beibringen.

      3: Viele junge Türken fühlen sich minderwertig. Sie spüren, dass sie immer Probleme haben und nicht richtig dazugehören. Sie wären gerne anerkannte Europäer.

      4: Viele junge Türken „schämen“ sich teilweise für ihre „rückständige“ Lebensweise. Alkohol wird nicht nur genossen, sondern besonders betont. Auch wird die sexuelle Offenheit begrüßt und angedeutet. Vieles ist aber nur SHow. Auch jene Türken, die wir in Deutschland als liberal bezeichnen, wären bei uns in den 50er-Jahren zu verorten. Auch in Istanbul herrscht ein ganz anderes Verhältnis zur Sexualität als in Deutschland und das beileibe nicht nur unter AKP-Wähler. Eine Disco-Bekanntschaft einfach so ins Elternhaus mitzubringen, das wäre völlig undenkbar. Da können die Eltern auch ungläubige Kemalisten sein, die ihr Kind niemals mit Kopftuch sehen wollen würden. Das gehört sich einfach nicht.

      5: Auch wenn viele nicht-religiös sind und vor allem Frauen Atatürk geradezu verehren, weil er ihnen die Möglichkeit eines selbstbestimmten Lebens gab. Trotz allem ist die Kultur eine völlig andere als in Deutschland. Deutlich emotionaler und heißblütiger. O-Ton einer Türkin: „Mit uns müsst ihr in Deutschland anders umgehen. Eure Gesetze funktionieren vielleicht bei Deutschen, die das gewöhnt sind. Wir Türken sind nicht so friedlich. Wir brauchen andere Gesetze. Von den Arabern ganz zu schweigen“.

      6: Der Nationalismus ist kein Monopol der religiösen Parteien. Die Kurden werden weit über die AKP hinaus gehasst. Erdogan war so schlau und hat das erkannt. Nicht alle seine Wähler stehen hinter ihm aus religiösen Gründen. Das Kurdenproblem würde sich auch ohne Erdogan stellen.

      7: Ich habe sogar Verständnis für Erdogan-Wähler. Ich habe mitbekommen, wie die Kinder der alten kemalistischen Elite, die selbstverständlich Privatschulen besuchten, über die einfache, meistens religiöse türkische Bevölkerung dachten. Ungebildet und unzivilisiert wären Euphemismen. Das war für viele Abschaum. [37 von 534 Wörtern abgeschnitten, AD.]

      • @ Peter Burger: O-Ton einer Türkin: „Mit uns müsst ihr in Deutschland anders umgehen. Eure Gesetze funktionieren vielleicht bei Deutschen, die das gewöhnt sind. Wir Türken sind nicht so friedlich. Wir brauchen andere Gesetze. Von den Arabern ganz zu schweigen“.

        Ich lebe ja auch teilweise in einem Drittwelt-Land, zwar nicht in einem moslemischen, aber es ist richtig, dass Menschen aus rückständigen Staaten harte Polizeimethoden gewohnt sind und auch anders leider nicht zu führen sind. Wenn da die deutsche Kuschel-Polizei kommt und einen Stuhlkreis machen will, lachen diese Einwanderer ganz herzlich…….!

      • „Sie irren. Das Kopftuch wurde vor 20 oder gar vor 40 Jahren von türkischen Gastarbeitern seltener getragen als heute. Das Kopftuch wird zunehmend populärer. “

        Die Empirie tendiert in eine andere Richtung:

        Klicke, um auf vollversion_studie_muslim_leben_deutschland_.pdf zuzugreifen

        Dort ist (ab Seite 193) zu lesen, dass ältere Musliminnen deutlich häufiger Kopftuch tragen als junge. Das mag auch mit Kohorteneffekten zu tun haben und widerspricht auch nicht direkt Ihren Ausführungen. Wohl aber der Impliziten Feststellung, dass alles immer schlimmer werde.

        In einem etwas jüngeren SZ-Artikel (http://www.sueddeutsche.de/politik/studie-ueber-muslime-in-deutschland-glaeubig-und-integriert-1.83256) steht: In Deutschland geborene Musliminnen tragen deutlich seltener (17,8 Prozent) das Kopftuch täglich als zugewanderte (25,2 Prozent).

        „Es ist vielmehr ein Symbol, dass man sich selbst vom Rest der Gesellschaft abgrenzt.“
        An meiner Schule gab es eine türkisch-stämmige Kopftuchträgerin – die war im Schülerrat und sogar so angepasst, dass ich sie nicht sonderlich leiden konnte.

    • “ . . .Es ist ein sichtbares Signal das man anständig ist.. .“
      Es können auch wirtschaftliche Gründe sein, wie man aus dem Preiskatalog der Damen-Friseure ableiten kann. Kopftuch-Verbote wären demnach unsozial.

      • Egal! Es geht darum, dass Moslems sich in Europa nicht wohl fühlen. Dann kommen vielleicht weniger und einige gehen wieder nach Hause.

    • Muslima in Deutschland tragen das Kopftuch durchaus aus religiösen bzw. politischen Gründen. Nur deshalb ist es gleichzeitig problematisch und grundrechtlich relevant. Der Anteil der Kopftuchträgerinnen hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen.

  5. Pingback: Erstmals auch Blogbeiträge an VG Wort gemeldet | Alexander Dilger

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